Sonntag, 18. November 2012

Männliche Meinungsfreiheit bei ARD und ZDF

von Angelika Knop

http://www.ardzdfundsie.de
Lag es am Fußballer Uli Hoeneß oder mussten sie mit Tim Bendzko noch "148 Mails checken"? Auf jeden Fall haben sich die MacherInnen dieser ARD- und ZDF-Kampagne ein Eigentor geleistet, das ihnen hoffentlich den Beschwerde-Postkasten überquellen lässt:
"Wir brauchen Medien, die verlässlich für Vielfalt und Qualität stehen. 
Dank Ihres Rundfunkbeitrags."
Nicht blöd der Spruch, blöd nur, dass es bei der Kampagne selbst mit Vielfalt nicht weit her ist - sondern die Welt mal wieder konsequent männlich gesehen wird - mit vier Herren in den Printmotiven und einem heiteren Quiz, bei dem 29 Personen mit y-Chromosom zu erraten sind. Das lässt nun uns rätseln: Welche Beweggründe stecken hinter dieser einseitigen Aktion?


  • A) Frauen zahlen eh alle brav Rundfunkgebühren und müssen deshalb nicht angesprochen werden.
  • B) Frauen müssen in Zukunft keine Rundfunkgebühren mehr zahlen.
  • C) Frauen sagen sowieso ihre Meinung, das muss man nicht eigens betonen.
  • D) Frauen sind einfach nicht flach genug für ein Plakat.
  • E) Es gibt einfach keine Frauen, deren Gesicht so bekannt ist wie das von Dr. Michael Otto.
Gar nicht raten müssen wir, was auf diese Kritik wohl wieder für Antworten kommen: Man habe ja gewollt, aber dann keine Frauen oder quizwürdige Zitate gefunden. Tja, liebe WerberInnen - wie schon in der Lenor-Werbung: Mühe allein genügt eben nicht. Und nein, wir machen diesmal nicht die fleißigen Lieschen und schreiben Listen mit schönen Vorschlägen. Dafür werden Kreativköpfe nämlich bezahlt. Und Sätze wie diese hier aus der Kampagne sollte man auch selbst beherzigen:
"Eine Demokratie ist nur so stark wie ihre Medien. Deshalb sind umfassende Berichterstattung, relevante Informationen und vielfältige Meinungen unverzichtbar für unsere Gesellschaft.
"
Zur deutschen Demokratie gehört nicht nur der Artikel 5 des Grundgesetzes (Presse- und Rundfunkfreiheit), sondern auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Artikel 3. Umfassende Berichterstattung und vielfältige Meinungen gibt es nicht, wenn man eine Hälfte der Bevölkerung konsequent ignoriert.


9 Kommentare

  1. Argument E) ist besonders überzeugend ;-(

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  2. unfassbar... kopfschuettel... danke fuer diesen beitrag, kolleginnen! :)

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  3. Schön, dass hier mit Humor etwas kommentiert wird, was eigentlich nicht mehr witzig ist, sondern nur noch peinlich. Da ich annehme, dass auch Frauen als Macher an dieser Kampagne beteiligt waren, finde ich das Ergebnis sogar beschämend.
    Sind wir eigentlich wirklich ALLE blind auf diesem einen Auge? Aber zumindest das ZDF hält sich ja das eine Auge auch immer zu und behauptet, man sähe mit dem zweiten besser. Also bitte, liebe Werber, liebe Sender, in Zukunft: beide Augen auf!

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  4. Hilde Weeg, jb-VorstandMontag, 19 November, 2012

    wunderbare Auswahl von Gründen,
    Danke!

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  5. Tja, auf dem 2. sieht man besser. Allerdings blendet man damit halt so einiges aus! ;)

    Wenn ich an ARD und ZDF denke, fällt mir maximal Frau Maischberger ein.

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  6. Ein anregender Kommentar, danke! Ich habe kürzlich in Madrid eine engagierte Frau interviewt, welche sich in Spanien seit Jahren für Gleichberechtigung und Gendermanagement in Unternehmen einsetzt. Sie sagte am Ende etwas sehr Wahres: "Der größte Fehler ist nun zu glauben, wir hätten dank einiger Gesetze schon viel erreicht in der Gleichstellung Frau-Mann und hätten jetzt andere wichtige Themen. Diskreminierung ist noch immer täglich präsent in unserem Leben."

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  7. Und jetzt gibt es dazu auch einen offenen Brief des Journalistinnenbundes an Monika Piel und Thomas Bellut.

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  8. Nachtrag - die Antwort von ZDF-Intendant Thomas Bellut:

    Mainz, 23.11.2012

    Sehr geehrte Damen,

    Ich danke Ihnen für Ihr Schreiben vom 20. November 2012. Sie kritisieren darin, dass die gerade angelaufene neue Testimonial-Kampagne von ARD, ZDF und Deutschlandradio ausschließlich auf Statements von männlichen Prominenten basiert. Auf den ersten Blick ist diese Wahrnehmung zutreffend. Von daher kann ich Ihre kritischen Anmerkungen sehr gut nachvollziehen.

    Die Kampagne, deren erste Motive Sie nun gesehen haben, ist bis Ende 2013 geplant. Wir haben dafür eine ganze Reihe interessanter Persönlichkeiten, Frauen und Männer, angefragt. Unser Ziel war es von Anfang an, beide Geschlechter in einem ausgewogenen Verhältnis zu präsentieren. Es war aber leider so, dass die männlichen Protagonisten, die wir angefragt hatten, überproportional zugesagt haben und auch für die Produktion der ersten Motive zeitlich flexibler waren. Bitte geben Sie der Kampagne noch etwas Zeit und die Chance, den in der Tat unausgewogenen Auftakt im kommenden Jahr wieder gerade zu rücken.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Bellut

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  9. Diese Antwort ist ein Witz, oder? "Bis Ende 2013", "noch etwas Zeit" ...

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