Dienstag, 29. Juni 2010

Moderne Aschenputtel

von Judith Rauch

In der aktuellen "Zeit" und auch auf "Zeit Online" analysiert Sabine Rückert den Fall Jörg Kachelmann. Dabei weist sie auch darauf hin, wie leicht es viele Frauen dem Fernsehmann gemacht haben, Spielchen mit ihnen zu spielen. Ihr Fazit:

Wartete Aschenputtel früher auf den Märchenprinzen, so verzehrt es sich heute nach dem Mann vor der Kamera. (...) Die Akte Kachelmann ist deshalb auch ein Dokument weiblicher Selbsterniedrigung, in ihr stellen sich junge, attraktive Frauen unserer Zeit selbst dar wie die Mätressen eines Fürsten. Sie zeigt, dass 50 Jahre Feminismus zwar bewirkt haben, dass Männer sich heute bei Delikten gegen die weibliche Selbstbestimmung als wütende Strafverfolger betätigen, dass aber die Idee vom aufrechten Gang ganze Teile der Frauenwelt nicht erreicht hat.

Das ist gut beobachtet und wohl leider wahr.

Freitag, 25. Juni 2010

Rote, grüne, gelbe, blaue Frauenpolitik


Foto: Ekin Deligöz

Klang zunächst recht dröge, unser Treffen zu einem Abendessen mit den frauenpolitischen Sprecherinnen der Bundestagsfraktionen in Berlin. Aber Frauen sind ja flexibel und kommunikativ. Innerhalb von 10  Minuten hatten sich Nicole Bracht-Bendt (FDP), Ekin Deligöz (Grüne), Cornelia Möhring (Die Linke) und Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) (niemand von der SPD, da war irgendwas mit Spargel) den Kolleginnen des Journalistinnenbundes vorgestellt und wechselten dann zwei interessante Stunden lang von Tisch zu Tisch, um das ein oder andere auch mal unter drei zu besprechen.

Die Damen überraschten durch Bodenständigkeit und gering ausgeprägte Eitelkeit. Alle haben Kinder und neben ihrem ordentlichen Salär mutmaßlich emanzipierte Ehegatten, die ihnen den Job in Berlin erleichtern. Ein Abgleich der Tischgespräche mit den Websites der Abgeordneten brachte bei Möhring und Deligöz ziemliche Übereinstimmung, bei den anderen meinten wir, das ein oder andere doch etwas kritischer als auf der Homepage beschrieben gehört zu haben. So ärgert sich die gelernte Tischlerin Nicole Bracht-Bendt sehr wohl über die wenigen Frauen in deutschen Vorstandsetagen und meint „Ohne Platzprobleme könnte ich sie alle in mein Büro einladen“. Auf ihrer Homepage Ernüchterung: „Eine vom Gesetzgeber verordnete Frauen-Quote ist für mich nicht die Lösung. Der Staat sollte sich da heraus halten.“ Das allerdings könnte sich schon bald ändern.

Während die Linke Cornelia Möhring erst seit 2007 in der Politik mitmischt und nach Zeitungsberichten als Wunschkandidatin Gregor Gysis als baldige Co-Vorsitzende der Partei gilt (nur zu!), ist die türkischstämmige Ekin Deligöz schon als Kind politisiert worden. Fotos auf ihrer Website zeigen sie als kämpferisch-streikende Schülerin, aber auch mit ihrem Baby, von Onkel Joschka kritisch beäugt.

Montag, 21. Juni 2010

Muslim und schwul

Über die Schwierigkeit, Muslim zu sein und schwul, schrieb am Samstag der Tagesspiegel , und zwar anhand der Geschichte von Kadir. Er flüchtete mit 24 nach seiner Zwangsverlobung aus der Türkei nach Berlin. Nach seinem Outing von Deutschland aus betet die Mutter noch immer für ihn, die Krankheit möge vergehen. Daher auch der Titel des Artikels "Die Mutter betet noch immer für ihn". Der Text zeigt sensibel und informativ die Facetten eines muslimisch-schwulen Lebens auf, und berücksichtigt auch die Homosexuellenfeindlichkeit weiterer Länder. Deutschland steht als ein Land da, in das Schwule auswandern, weil sie dort unbehelligter leben können. Nichtsdetsotrotz ist auch hier nicht alles paradiesisch:
"In Kreuzberg gab es in den vergangenen Jahren zunehmend gewaltsame Übergriffe gegen Homosexuelle, Lesben und Transvestiten. Deshalb zeigen Kadir und sein Freund auf der Straße nicht, dass sie schwul sind."
schreibt Autor Lenz Koppelstätter. Ein wichtiger Artikel über einen Angehörigen einer doppelten Minderheit!

Kommunen und Stadträte: Frauenanteil in politischen Spitzenpositionen sinkt

Foto flickr

Nach einem Superwahljahr 2009, in dem nahezu in allen deutschen Großstädten die Karten neu gemischt wurden, liegt die Frage auf der Hand, ob sich im Vergleich zum ersten Genderranking 2008 der Frauenanteil in der Kommunalpolitik verändert hat. Während in Ländern wie Norwegen dieser Vergleich schon eine lange Tradition hat, um einen Wettbewerb zwischen den Kommunen zur stärkeren Berücksichtigung von Fraueninteressen zu initiieren, gibt es in Deutschland hierzu noch keine Vorbilder. Im Gegenteil: In den offiziellen Genderberichten der Bundesregierung kommt die kommunale Ebene kaum vor und eine flächendeckende Erfassung von Frauen in kommunalpolitischen Führungspositionen steht immer noch aus.

Diese Lücke will eine Studie, die im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung von der FernUniversität in Hagen erstellt wurde, schließen. Doch die Resultate bleiben - wir haben es befürchtet - mehr als ernüchternd: Frauen sind gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil in allen kommunalpolitischen Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. Die genauen Ergebnisse, wieviele Frauen in welchen Kommunen welche Positionen innehaben, gibt es hier: http://www.fernuni-hagen.de/imperia/md/content/presse/medieninformationen/genderankingliste-2010.pdf

Und hier folgt die Pressemitteilung der Böll-Stiftung: http://www.boell.de/presse/presse-pressemitteilung-zweites-genderranking-deutsche-grossstaedte-9462.html
Illustration

Mittwoch, 9. Juni 2010

Börsianer werten Bundeskanzlerin höher als Bundespräsidenten

Die steigende Unsicherheit über die politische und wirtschaftliche Stabilität in Europa setzte den Euro insbesondere am 1. Juni 2010 unter Druck. Es lag wohl nicht nur am pessimistische Bericht der Europäischen Zentralbank (EZB) über drohende milliardenschwere Abschreibungen bei den Banken in der Währungsunion.
"Der Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler wurde als Zeichen für politische Unsicherheit in Deutschland gewertet",
zitiert die StZ die Devisenexpertin Antje Praefcke. An jenem Montag wurde zwar wegen eines Feiertags in den USA und GB wenig gehandelt. Die Händler sind sich jedoch einig, dass die Märkte heftiger reagiert hätten, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre. Interessant jedoch ist deren Schlussfolgerung, dass die Anleger realisiert hätten, dass die wichtige Figur der deutschen Politik nicht der Bundespräsident, sondern die Bundeskanzlerin sei.

Die Kollegin als Kandidatin: Luc Jochimsen

Dass diese Frau Ehre verdient, hat der Journalistinnenbund schon lange gewusst. 2000 zeichneten wir Luc Jochimsen, die nun als Kandidatin fürs Bundespräsidentenamt nominiert ist, für ihre herausragende journalistische (Lebens-)Leistung und ihr frauenpolitisches Engagement mit der Hedwig-Dohm-Urkunde aus. Die Laudatio hielt damals Inge von Bönninghausen. Die ehemalige Panorama-Redakteurin, Großbritannien-Korrespondentin und schließlich Chefredakteurin des Hessischen Rundfunks ist nicht einfach eine Frau, die man zwei männlichen Kandidaten gegenüber stellt. Sie ist eine Feministin, die sich zum Beispiel kämpferisch und aufklärerisch gegen den Abtreibungsparagraphen 218 stark gemacht hat.
Die Nachricht ihrer Nominierung erreichte viele JB-Frauen passenderweise in Berlin, wo das Bundespresseamt gerade eine Informationstagung für uns veranstaltet. Die Freude hielt sich jedoch in Grenzen. Eine Frau im Amt - ja, das wäre etwas gewesen. Aber eine chancenlose Kandidatin, die nun einer breiten Koalition für politische Vernunft und gegen taktisches Kalkül entgegen steht?
Cornelia Möhring, die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion der Linken, hatte da beim gemeinsamen Abendessen einiges zu erklären.

Sonntag, 6. Juni 2010

Mehr Nachfolgerinnen, bitte!

110.000 Unternehmen in Deutschland suchen eine Nachfolgerin an der Spitze! Am 10. Juni veranstaltet die in Stuttgart ansässige bundesweite gründerinnenagentur (bga) zum dritten Mal den nationalen Aktionstag "Nachfolge ist weiblich". Noch immer gibt es viel zu wenige Frauen, die ein Unternehmen weiterführen oder sich zutrauen, eines zu übernehmen. Dabei hätten sie beste Chancen und bekämen viel Unterstützung wie zum Beispiel von der bga. Also Frauen, ran an den Speck!

"1,4 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen bis 2014 neue Chefinnen!"

Dienstag, 1. Juni 2010

Weibliche Doppelspitze!

von Judith Rauch

Ach, wär das schön, wenn - nach dem Abgang der männlichen Mimose Horst Köhler - der weibliche Politprofi Ursula von der Leyen ins höchste Staatsamt aufrücken würde! Wir hätten dann eine weibliche Doppelspitze, die kühle Blonde aus dem Osten und die kühle Blonde aus dem Westen, ein echtes Blondinen-Dreamteam. Nervenstark und mit langem Atem.

Das Ausland würde auf Deutschland schauen. Im deutschen Fernsehen würde die Frauenfußball-Weltmeisterschaft durchgehend zur besten Sendezeit übertragen. Und immer zu Silvester würde zum Amüsement aller die Elefantenrunde von 2005 wiederholt, als Gerhard Schröder nach verlorener Wahl mit verbalen Fouls Deutschlands erste Kanzlerin Angela Merkel auszubremsen versuchte ... Ach, wär das schön.