Sonntag, 23. August 2009

Herrscherinnen

von Judith Rauch

"Wenn Frauen herrschen" titelt Geo im September. Ein Schelm, wer dabei an Wahlkampfhilfe für Angela Merkel denkt. Der Artikel ist eine positive Überraschung. Der Autor, ein Geisteswissenschaftler, arbeitet fein die Bedingungen heraus, unter denen Frauen in der Vergangenheit ausnahmsweise an die Macht kamen und sich dort hielten: Sie mussten aus der richtigen Schicht stammen und sich die männliche Konkurrrenz vom Leibe halten.

Seine Protagonistinnen sind Elisabeth I. (die niemals heiratete), Katharina die Große (die ihren Ehemann umbrachte und sich fortan die Männer nahm, wie sie wollte), und Margaret Thatcher, die Feministinnen verachtete und ihre Entschlossenheit bewies, indem sie einen Krieg anfing. Der Artikel benennt auch ganz klar die ideologischen Barrieren, die Frauen viel zu lange von der Macht fernhielten:
"Männer stammen von Mars, Frauen von der Venus: Die harte Biologie der Geschlechter-Naturen wird in den Jahrzehnten um 1800 erfunden. Seither lässt sich das Gespenst nicht mehr vertreiben."
Und weiter:
"Zuweilen heißt es, die Demokratie habe sich als untauglich erwiesen, die Despotie der Männer zu verhindern. Es war schlimmer: Ausgerechnet die Demokratie verwehrt Frauen den Zugang zur Herrschaft gründlicher als die meisten Herrschaftsformen zuvor. Fast 200 Jahre lang bleibt die Macht frauenfreie Zone."
Erst Antifeministin Thatcher schafft den Durchbruch: Fortan werden weibliche Regierungschefs häufiger und nahezu normal. Der Geo-Autor heißt Mathias Mesenhöller. Ein Name, der zum Spötteln einlädt, den wir uns aber wohl werden merken müssen.

Samstag, 22. August 2009

Selten so gelacht

In Berlin tobt die Leichtathletik-WeltmeisterInnenschaft - und seit wenigen Tagen auch die Frage, ob Caster Semenya, die Siegerin über 800 Meter, tatsächlich eine Frau ist.

GMX versucht das Rätsel anhand von verschiedenen Fotos von Semenya zu klären - und schreibt unter ein Bild einen Satz, der tief, tief, ganz tief blicken lässt in das Männerbild der Redaktion: "Glücklich sieht sie nicht aus oder zeigt dieses Bild einen Mann?"
Ui, ui, kann ich da nur sagen.

Link dazu: http://portal.gmx.net/de/themen/sport/bildergalerien/sportmix/8756238,image=0.html

Freitag, 21. August 2009

Sommer, Sonne, Sominar

Foto: A. Knop

Andere mag die Hitzewelle vielleicht lähmen, nicht so die KollegINNen der dpa-Tochter news aktuell. Die inspiriert der Sonnenschein zu so netten Betreffzeilen im Mailverkehr wie: "Wir laden Sie ein... zu Sommer, Sonne, Sominar". Mit "guter Laune, Sonnenschein und frischem Wind" darf man sich da weiterbilden in Krisenkommunikation oder der professionellen Rede. 

Beinahe hätte das Wortspiel meine eingebauten Lichtschutzfilter nicht passiert und wäre mir entgangen. Erst beim Löschvorgang erstrahlte es dann hell und klar vor meinen Augen. Und seitdem träume ich am Schreibtisch nicht nur vom Badesee, sondern grüble auch noch, was bitte ein Sominar von einem Seminar unterscheidet. Geht es dabei heiß her oder wird man gar erleuchtet? Ist es ein besonders beispielhaftes Seminar - das Gegenteil wäre dann also ein Sonichtminar?

Die Alliteration eröffnet auf jeden Fall ganz ungeahnte Möglichkeiten der Wortneuschöpfungen. Im Winter gibt es dann "Winter, Wirbelsturm, Wirkshop"? Apropos, bei news aktuell kann man auch "workshoppen". Das klingt doch viel mehr nach Bummel als nach Arbeit. Wer braucht schon Urlaub - her mit der Weiterbildung!

Donnerstag, 20. August 2009

Merkel mächtigste Frau der Welt

Die US-Zeitschrift Forbes kürt die Bundeskanzlerin bereits zum vierten Mal zur mächtigsten Frau der Welt. Leider bewahrt sie das nicht davor, dass sich die Presse empört, wenn sie mit Ausschnitt zu den Wagner Festspielen geht.

Montag, 17. August 2009

Peinlich, eklig - der behaarte Körper

Neulich im Gespräch: Die Gymnasiastin, 11 Jahre alt, wünscht sich ein Epiliergerät. Wieso das denn? Haare am Körper sind hässlich. Warum? Das sieht eklig aus. Und die auf dem Kopf? Die stören nicht. Aha, aber das sind doch auch Haare, oder? Du blickst ja gar nichts. Und das Brusthaar bei Männern? Grausam, weg damit! Was ist mit den Schamhaaren? Die müssen auch weg. Warum? Die sind voll peinlich. Wer sagt das? Alle!

Leider liegt das Kind unwissentlich im Trend. Körper- und besonders Intimrasuren nehmen rasant zu. Jakob Pastötter, Kulturanthropologe und Sexualwissenschaftler aus München, sagt in der Stuttgarter Zeitung vom 17. August, dass es das rasierte Genital in allen Kulturen gab. Allerdings waren es aus hygienischen Gründer nur die Prostituierten, die sich rasierten. Heute haben wir es laut Pastötter mit einem Phänomen zu tun, "das maßgeblich von der Pornografie beinflusst wurde". Von der natürlichen Schönheit, die von frühen Feministinnen noch propagiert wurde, seien wir meilenweit entfernt. Tausende von jährlich produzierten Pornofilmen, in der rasierte Genitale gezeigt werden, hätten ein neues Körperbewusstsein geschaffen. Auch über Prominente, die den Kult über die Medien weitertragen, werde die letzte Körperregion öffentlich gemacht und der Intimbereich unterwerfe sich damit neuen Schönheitsnormen.

Die Qual der Wahl II


Die Kölner FDP wirbt aktuell mit diesem Bild. Der Text dazu:
"Die Kölner Staus kosten mich täglich eine Stunde mit meiner Familie."

Was wohl seine ebenfalls vollberufstätige Frau dazu sagt? "Geh doch in der Zeit schon mal einkaufen!"

Die Qual der Wahl


An euch, zu kommentieren!

Dienstag, 4. August 2009

Zensursula in Neti-Ketten


Foto:BMFSFJ

Über Ursula von der Leyen wir derzeit gebloggt und kommentiert was das Zeug hält. Endlich, so hat frau den Eindruck, kann man der modernen Familienministerin, die so wenig ins bisherige Bild der C-Parteien passte, doch den passenden Stempel aufdrücken: spießig, technikfeindlich und keine Ahnung - weil sie sich nach dem Internet-Stoppschild bei Kinderpornographie jetzt in der Rheinischen Post auch für einen Verhaltenskodex in sozialen Netzwerken wie Facebook stark macht. Hinzu kommt der Reflex, jede Reglementierung des Internets (und nicht etwa seine Auswüchse), als Angriff auf die persönliche Freiheit zu sehen. 
Dazu und zum Umgangston im Netz allgemein hat Sabine Pamperrien im Freitag einen lesenswerten Artikel geschrieben.