Freitag, 31. Oktober 2008

Wie Frau zu sein hat - ein Tag mit dem Privatfernsehen


Große Brüste sind die Hauptsache - sagt das Privatfernsehen.

Über das Privatfernsehen wurde schon so einiges gesagt. Aber was ich neulich bei "Lebe Deinen Traum" auf Pro 7 gesehen habe, war eindeutig in Ausreißer nach ganz unten in Sachen Frauenbilder. In der Sendung lernte ich, dass Frauen schön, schlank und vor allem dicke Titten haben müssen - auch nach zwei Kindern, die sie gestillt haben. Wo kämen wir denn dahin, wenn der Körper nach zwei Schwangerschaften nicht mehr topfit und gertenschlank ist? Zum Schönheitschirurgen, genau. Um die Ehe zu retten. Da zeigt Pro7 tatsächlich ein junges Paar: Er, der totale Macho, der seiner extrem schlanken, sehr schönen Frau damit droht, wenn sie ihre nun kleineren, etwas ungestrafften Brüste nicht wieder herrichten ließe, würde er fremdgehen und sie und die beiden kleinen Kinder verlassen. Sie ist gepanikt, schiebt natürlich alles auf sich, trägt auch im Dunkeln immer ein T-Shirt, muss sich die wenige Male zum Sex überwinden, wie sie leidend der Kamera anvertraut. Kein Problem hingegen hat sie, dem Fernsehteam zu zeigen, wie sie ihre Brüste eincremt. (Vielleicht wächst der Busen dann ja wieder?) Cut und nächste Szene - wir sehen sie in der Küche, sie räumt den Geschirrspüler aus, der Ehemann nähert sich von hinten, grabscht ihr an die Brüste, immerhin hat er ja ein Recht dazu, er ist ja ihr Ehemann. Bedrängt sie - zärtlich sieht irgendwie anders aus. Sie wehrt ab und sagt zu ihm: "Setz Dich ins Wohnzimmer. Ich bringe Dir gleich Dein Essen."
Er hingegen droht, sie zu verlassen - da er der Familienernährer ist, weiß sie, was das bedeutet: Armut!
Immer wieder werden vollbusige Fotoaufnahmen aus alten Zeiten gezeigt. Sie berichtet unter Tränen, dass er sie während der Schwangerschaft wegen ihrer Gewichtszunahme beleidigt hat und nach der Geburt der Kinder dazu gezwungen, binnen kürzester Zeit ihr altes Gewicht, besser weniger, wiederherzustellen. Und dann erst ihre furchtbar-abstößigen Schrumpeltitten!! Iiiiih!!! Zoom auf die kleinen Brüste, die durch ein entsprechendes Licht zwar nicht aussehen wie aus einem Pornomagazin, sondern einfach wie zwei sehr natürlich Brüste einer zweifachen Mutter. Während ich noch denke, dass sie mit fünf Kilo Gewichtszunahme a. ihre Brüste und b. ihre eigenen physischen Kräfte wiederherstellen könnte, um sich von diesem Vollarsch scheiden zu lassen - und endlich selbständig zu werden, um ihr eigenes Leben zu leben.... (wir erinnern uns, die Sendung heißt ja "Leb Deinen Traum!") hat Pro7 schon die helfende Idee: Eine Brust-OP muss her!

Sie nimmt also neben Haushalt und Kindern einen Zweitjob an, verschuldet sich (und nicht das Familieneinkommen, ist ja immerhin ihr abstoßender Körper, da muss schon streng unterschieden werden!), um ihre Ehe zu retten. Sie bekommt zwei Megamöpse, Schmerzen und Narben sind ihm egal. Ihr irgendwann auch. Jetzt sind die Titten sogar noch praller als zuvor. GEIL! Abschlussszene: Das Ehepaar macht wild im Schwimmbad herum. Sie ist glücklich, ihre Ehe und Familie gerettet zu haben und schwört treuherzig in die Kamera, dass sie das immer wieder tun würde.

Naaaaaa, ist das nicht schick? Eine Frau, die weiß, wo ihr Platz ist!

Was ich dann noch bei "Bauer sucht Frau!", "Frauentausch" und der "Super-Nanny" gesehen habe, erzähle ich ein anderes Mal. Jetzt muss ich erst einmal zum Kiosk, mir die neue 80-Cent-teure Frauenzeitschrift kaufen, die grad im Radio beworben wurde. Darin wird (ENDLICH!) enthüllt, warum Männer immer fremd gehen und wie wir Frauen das verhindern können. Außerdem sind 80 Cent etwas, sagt die Werbung, das Frau sich leisten kann. Der Verlag hat offenbar erkannt, dass Armut ein Frauenproblem ist! Obwohl, wenn ich die 80 Cent nur tüchtig spare, könnte ich mir demnächst eine Brust-OP leisten, damit mir mein Mann eben nicht fremdgeht...

Donnerstag, 30. Oktober 2008

"Komm nicht mehr zum Recherchieren"

Foto: Angelika Knop

VON CRASSIDA


Bei den eher gräßlichen Münchner Medientagen, bei denen auch noch im 22. Jahr der Anteil der Fach- (?) Männer auf den unzähligen Podien bei 90% liegt, bemühte sich die Deutsche Journalistenschule zusammen mit dem Bayerischen Journalistenverband um eine Bestandsaufnahme zum Thema „Ökonomisierung der Medien“.

Der Kommunikationswissenschaftler Daniel Fleiter hatte in seiner Dissertation untersucht, wie weit sich durch ökonomische Zwänge in den Medien das Autonomieverständnis des Journalismus verändert und die Grenzen zur Public Relations verschwimmen. Fleiter entdeckte dabei „fehlendes Berufsethos“, „fehlendes Fachverständnis“, gerade bei jungen Kollegen, allgemeinen Druck und mangelnde Kapazitäten. Ein Drittel der befragten JournalistInnen sagten ihm klar: „ich komme nicht mehr zum Recherchieren“.
Fleiters Fazit aus verschiedenen Quellen und Befragungen: „Noch nie hatte die Wirtschaft eine so gute Presse wie in den letzten fünf Jahren.“
Siegfried Weischenberg, Journalistik-Professor an der Uni Hamburg wurde noch deutlicher. „Wir hatten gerade in der Wirtschaftsberichterstattung lange einen extrem naiven Journalismus, der den totalen Mainstream vertrat“ (etwa auf der Schiene „…so wenig Staat wie möglich“). Die gleichen Leute - und dabei nannte er stellvertretend den neoliberalen Gabor Steingart vom Spiegel - schrieben jetzt in der Finanzkrise plötzlich das Gegenteil von dem, was sie jahrelang gepredigt hätten. Und dann schickte Weischenberg noch eine „steile These“ hinterher:
„Das Jahrhundert des Journalismus ist vorbei.“

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Scharia zum Wohlfühlen...

VON ISABEL ROHNER

...fordert der künftige Integrationsbeauftragte Georg Barfuß (früher CSU, jetzt FDP). Denn Integration, so erklärt er im Interview mit BR2, ist "ein Miteinander, kein Gegeneinander": Die "Zugewanderten" müssen nur deutsch lernen, zu Hause dürfen sie dann "griechisch, vietnamesisch oder englisch" sprechen. Im Gegenzug sorgt Deutschland dafür , dass sie sich wohl fühlen. Ist doch ganz einfach.
“Die Scharia, wo sie kompatibel ist, kann man anwenden, wo sie nicht kompatibel ist, ist es eine Sache für den Verfassungsschutz.”
Aha.

Dienstag, 28. Oktober 2008

Lied vom Kapitalismus-Ende

VON CRASSIDA

Wie viel Geld hast du verloren? Komm, frag mich was anderes oder hör dir zwischen den raketenhaften Anstiegen und Abstürzen der VW-Aktie das „Lied vom Ende des Kapitalismus“ von Peter Licht an.
Allerdings empfehle ich allen, die sich in dem Video das Defilee der Manager und die Auflistung ihrer Apanagen ersparen möchten, während des Songs ein schönes Tuch über den Bildschirm zu hängen:

Wurde die Stimmung besser? Dann empfehle ich noch:
Funny van Dannens „Homebanking“.

Sonntag, 26. Oktober 2008

Bücher im Fernsehen

von Judith Rauch

Im JB-Forum, der Mailingliste des Journalistinnenbunds, tobt gerade ein heftiger Streit darüber, ob das ZDF Elke Heidenreich zu Recht oder zu Unrecht hinausgeworfen hat. Und was nun schlimmer ist - Frauen oder Männer aus dem Fernsehen, die sich über das Fernsehen aufregen. Beziehungsweise ob es Frauen aus dem Fernsehen übler genommen wird als Männern aus dem Fernsehen, wenn sie sich über das Fernsehen öffentlich aufregen. Im aktuellen Fall geht es um einen Mann und um eine Frau, die sich berufsmäßig im Fernsehen mit Büchern beschäftigen bzw. beschäftigt haben. Ich dagegen wünsche mir nichts so sehr wie eine unaufgeregte Fernsehsendung, die sich mit Büchern beschäftigt. Am liebsten wöchentlich und am liebsten vor 22 Uhr. Ich will keine kapriziösen Moderatoren, keine streitenden Quartette, keine Eitelkeiten. Jemand, der sich auskennt, soll mir im Fernsehen Bücher empfehlen, die ich lesen soll. DAS KANN DOCH NICHT SO SCHWER SEIN!

Freitag, 24. Oktober 2008

Rhabarber aufs Grab


Ehrengrab für Hedwig Dohm / Foto: Angelika Knop


 
Allerheiligen und Allerseelen stehen unmittelbar bevor. Grund genug, sich den Gedanken an den Tod verstärkt zu nähern, es muss ja nicht gleich der eigene sein. Wer schon mehrfach an Bestattungen teilnahm, kennt die teils längst verstaubten Rituale zur Genüge und wünscht sich Alternativformen, die es zweifelsohne gibt. Zumeist bleiben sie sehr viel nachhaltiger in Erinnerung. 

Montag, 20. Oktober 2008

Poltern und Keifen

Dass man über Kultur noch so herrlich und so öffentlich streiten kann. Wer hätte das gedacht? In die von Marcel Reich-Ranicki angezettelte Debatte mischte sich die Literaturpäpstin Elke Heidenreich und gab auch dem Entertainer Thomas Gottschalk noch schnell ein paar mit, bevor dieser vom Held des Abends noch zum Retter des Abendlandes avancierte. 

Das konnte der natürlich nicht auf sich sitzen lassen und eröffnet die nächste Runde im verbalen Schlagabtausch, ausgelöst durch die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises. "Dass eine so kluge Frau aus der Hochkulturabteilung sich zu so einem polternden Ausbruch gekränkter Eitelkeit hinreißen ließ, nur weil sie nicht die Laudatio auf Reich-Ranicki halten durfte, wirkte auf mich höchst krampflösend", kommentiert Thomas Gottschalk im SPIEGEL-Gespräch Elke Heidenreichs Artikel in FAZ.Net. "Ihre Attacke tut mir deshalb überhaupt nicht weh. Auch wenn mich das Gekeife in dieser Schrillheit dann doch überrascht hat." 

Tja, so ist das eben: Poltern ist schon in Ordnung - selbst aus gekränkter Eitelkeit. Aber Keifen - igitt! Das tun doch nur Frauen! Da ist es doch tröstlich zu wissen, dass Männer - zumindest Gottschalk - Krämpfe haben, die sich durch hinreißende Frauen lösen. Vielleicht ein Kulturkrampf? Oder habe ich da was falsch verstanden? Ging es doch nur um den Krampf, der im Fernsehen läuft?

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Der Weg zum Glück ist ausgeschildert



Was ist Glück, wie empfinden es Menschen unterschiedlichen Geschlechts unD Alters? Meist ist es doch ein flüchtiger Moment, nicht festzuhalten für die Ewigkeit, aber doch ein Gefühl, das in guter Erinnerung bleibt. Unsere JB-Kollegin Bettina von Kleist befragte Frauen und Männer, zu deren Wegen zum Glück. "Das Banale bringt viel Glück", sagt einer ihrer Protagonisten.
Warteräume des Glücks
Bettina von Kleist hat auf allgemeingültige Thesen und Erkenntnisse aus der Glücksliteratur verzichtet und Menschen, die im realen Leben stehen, befragt. Diese Geschichten machen das Buch lesenswert. In den Zwischenkapiteln stehen viele kluge Dinge, von denen uns die Autorin erzählt, zum Beispiel über "die Warteräume des Glücks". Wo Menschen wieder nach einem tieferen Lebenssinn und elemantarem Erleben suchten. Und sich doch so schwer damit tun, ein bisschen Glück für sich zu erkennen.
Kein Königsweg
Einen ausgeschilderten "Königsweg" zum Glück gaukelt uns die Autorin nicht vor. Aber sie stellt viele Fragen - und auf die muss jede und jeder sowieso eine individuelle Antwort finden.
Bettina von Kleist
Der Weg zum Glück ist ausgeschildert
Vom Suchen und Finden
Verlag Ch.Links
208 Seiten, Broschur
14.90 Euro (D)

Frauengehälter - genialer Kinospot aus Bayern


Ich finde, das Bayerische Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und
Frauen hat einen genialen Kinospot zur Gehaltsdifferenz von Frauen und Männern drehen lassen. Hier kann man ihn sich auf der Zunge zergehen lassen.

Noch ein Plakat

VON CRASSIDA

Ich wurde gerade auf dem Wiener Flughafen von einem schönen großen Plakat überrascht. Eine junge Frau in Arbeitskluft sagt freundlich aber bestimmt:
"Ich will ein Männergehalt."
Nächstes Mal fotografier ich´s!

Dienstag, 14. Oktober 2008

In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?

Entdeckt von Isabel Rohner in Berlin, S-Bahn-Station Schöneberg / Foto: I. Rohner

VON ISABEL ROHNER 

Berlin, S-Bahn-Station Schöneberg. Wenn die Züge hier halten, fallen die Blicke der Reisenden in dieser Woche auf zwei Plakate. Sie stehen direkt nebeneinander. Mit ihnen werden zwei Frauen lebendig. Die eine nackt, wasserstoffblond und schlangenhaft räkelnd. Ihr geliftetes Gesicht zeigt keinerlei Individualität, genauso wenig ihr Körper mit den aufgepumpten Brüsten. Ein Klon der Verfügbarkeit.

Ganz anderes die Frau auf dem Plakat daneben: Sie liegt nicht, sondern steht. Sie ist auch nicht nackt: Im direkten Kontrast mit ihrer Nachbarin wird ihr schlichtes T-Shirt sogar zum auffallenden Kleidungsstück. Sie ist eine normale junge Frau. Während die Wasserstoffblonde angesehen werden will, blickt jene selber in die Welt, mit wachen Augen und kritischem Blick. "In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?" fragt sie. Besser könnte man es nicht formulieren.

Montag, 13. Oktober 2008

150 junge JournalistInnen stechen mit AuslandsreporterInnen in See

FOTO: Jugendpresse
Ende September war es wieder so weit: 150 junge Journalistinnen und Journalisten im Alter zwischen 18 und 30 Jahren trafen sich in Kiel, um gemeinsam in See zu stechen – drei Tage auf der Fähre von Kiel nach Oslo und zurück. An Bord waren außer dem Journalistennachwuchs hochkarätige Referenten und Referentinnen, die zum Thema „Auslandsjournalismus“ auf dem Podium und mit den TagungsteilnehmerInnen diskutierten. Roland Schröder und Oliver Hahn stellten ihre in diesem Frühjahr erschienende Studie über die Berufssituation von deutschen Auslandskorrespondenten vor.
Fallschirm-KorrespondentInnen und andere "Trends"
Neuer Trend: Statt fester Korrespondenten schicken Medien Parachute-Correspondents in die Kriegs- und Krisenregionen dieser Welt, die je nach Brisanz eine Weile in einer Region zur Berichterstattung bleiben und dann weiterziehen. Darüber hinaus sind die Bauchladen-KorrespondentInnen im Kommen – unter denen viele Frauen sind. Diese AuslandsjournalistInnen sind eine Art KorrespondentInnen zweiter Klasse, als FreiberuflerInnen ohne Absicherung und teuer Versicherung arbeiten sie für viele Medien.
Dass diese Freiberuflichkeit nicht unbedingt von Nachteil sein muss, darüber sprach der ARD-Krisenreporter Christoph Maria Fröhder, der seit Jahrezehnten als unabhängiger „Advokat der Zivilgesellschaft“ (Fröhder über Fröhder) in den Krisengebieten dieser Welt unterwegs ist.
Von abenteuerlichen Erlebnissen im Russland Putins und nun Medjedwes berichtete auch Boris Reitschuster, Auslandskorrespondent für den Focus.
Traumatisierung nicht ausgeschlossen
Der ehemalige STERN-Fotograf Gerhard Kromschröder sprach über Bilder des Grauens, die Kriegsreporter mitbringen. Er selbst war als einziger deutscher Fotojournalist in Bagdad während des ersten Golfkriegs. Den Kongress schloss JB-Mitglied Petra Tabeling vom deutschen DART-Centrum für Journalismus und Trauma gemeinsam mit Fee Rojas vom WDR ab. Tabling leitet seit 2007 die deutsche Niederlassung des internationalen Zentrums, das Hilfe und Trainings für JournalistInnen bietet, die als Reporter oder Krisen- und KriegsberichterstatterInnen mit Gewalt konfrontiert werden oder Zeugen von schrecklichen Unfällen werden. Auch gibt es Workshops für JournalistInnen, die bei ihrer Arbeit auf traumatisierte Menschen treffen. Denn ein gesunder Umgang mit dieser beruflichen Belastung ist nach wie vor ein großes Tabuthema. Diese Beobachtung teilte auch Kromschröder, der erst als der zweite Golfkrieg ausbrach, über seine Eindrücke in Bagdad sprechen konnte und seine Erlebnisse mit der Fotoausstellung „Bilder aus Bagdad“ und dem gleichnamigen Buch verarbeitete. In einem feinfühlingen Vortrag präsentierte Petra Tabeling gemeinsam mit Fee Rojas ihre Arbeit – die bei den überwiegend weiblichen Tagungsbesucherinnen Eindruck hinterließ.

Mehr Infos hier und hier.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Beschneidung und Hygiene-Unterricht für Jungen contra Impfung bei Mädchen

Der Virologe Harald zur Hausen hat den Nobelpreis für die Erforschung der krebserregender Papillomaviren (HPV), die Gebärmutterkrebs auslösen, erhalten. So weit so gut. Unglaublich dagegen ist die Berichterstattung zu diesem Thema in allen Medien. Etwa in den ARD-Tagesthemen: Eine Frau liegt mit gespreizten Beinen auf einem gynäkologischen Stuhl. Vor ihr steht ein älterer Arzt. Schwadroniert wird über die Impfung (bringt viel Geld), wie aber die Viren in die Gebärmutter gelangen, nämlich durch den Mann, wird in keinster Weise angesprochen (Verdrängung). In allen Berichten wird so getan, als flögen uns diese Viren einfach zu. Und wir sind verantwortlich dafür, etwas dagegen zu tun.

Offiziell heißt es „Diese Viren sind die Hauptursache für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs. Das Risiko, sich mit HP-Viren anzustecken, wird minimiert, wenn frühzeitig geimpft wird. Daher ist es ratsam, sich bereits in jungen Jahren zu schützen und mit dem Thema Prävention vertraut zu machen.“ Weiter: „Ein verantwortungsbewusstes Handeln ist wichtig: Mädchen sollten sich möglichst vor dem ersten Sex impfen lassen und Jungen sollten Kondome benutzen.“
Die HPV-Impfung wird seit 2007 für Mädchen von 12 bis 17 Jahren von den Krankenkassen bezahlt. Sie besteht aus drei Impfungen innerhalb von sechs Monaten und erfolgt in den Oberarm.

Wikipedia formuliert besonders blumig:
"Die Infektion mit diesen Viren erfolgt meist in jugendlichen Jahren durch Kontaktinfektion beziehungsweise Schmierinfektion bei den ersten Sexualkontakten. Anschließend können diese Viren oft jahrelang inaktiv bleiben. Nach heutigem Kenntnisstand erhöht sich das Erkrankungsrisiko durch frühen ersten Geschlechtsverkehr, häufigen Partnerwechsel, mangelnde Hygiene und damit verbundene Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV)."

Pfui, Mädchen und Frauen: "häufiger Partnerwechsel", "mangelnde Hygiene"!

Tatsache ist: es liegt in erster Linie an der mangelnden Hygiene der Männer. Daher sollte als Prävention die frühe Beschneidung der Jungen diskutiert werden und nicht schon wieder, wie bei der Pille, den Frauen durch eine Impfung, deren Nutzen durchaus umstritten und über deren Spätfolgen noch nichts bekannt ist, alle gesundheitlichen Risiken aufgebürdet werden.
Es gibt deutliche Zusammenhänge zwischen der Beschneidung des Mannes und dem Risiko der Frau, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Während bei beschnittenen Männern in geringerem Maße HPA-Viren gefunden wurden, zeigen mehrere Studien, dass etwa 64-70% der männlichen, nichtbeschnittenen Beziehungspartner von Frauen, die unter einer zervikalen HPV-Erkrankung leiden, ihrerseits HPV-Viren am Penis aufweisen.

Montag, 6. Oktober 2008

Simple Story schlägt komplizierte Wahrheit - das schwierige Verhältnis von Lobbyisten, Politik und Medien

Sie wollten „Brücken bauen und Vorurteile ausräumen“. Ein bisschen wie ein Schüleraustauschprogramm sollte die Sache mit den Leihbeamten sein. Jetzt gilt das Personalaustauschprogramm „Seitenwechsel“ zwischen den Bundesministerien und der Wirtschaft als gescheitert. Das räumten die Initiatoren des Programms, Reinhard Timmer, Abteilungsleiter der Verwaltungsmodernisierung im Bundesinnenministerium, und Tessen von Heydebreck, Vorsitzender der Deutsche Bank Stiftung, auf der bislang größten Fachkonferenz der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche (nr) über den Einfluss von Lobbyisten auf Politik und Medien in Berlin ein.

Nicht ganz so harmlos wie ein Schüleraustauschprogramm
Seit 2004 haben über hundert Mitarbeiter von Unternehmen wie Daimler-Chrysler, BASF Deutsche Bank oder Bayer im Bundesinnenministerium, im Gesundheits-, Finanz-, Umwelt- und Forschungsministerium gearbeitet – bezahlt wurden sie während ihres Einsatzes von ihren Unternehmen. Mit Lobbyismus habe das nichts zu tun, stattdessen gehe es um Verständnis für die jeweils andere Seite, ein Weiterbildungsprogramm sozusagen, erklären die Initiatoren. Durchschnittlich seien sie drei Monate tätig gewesen, einige aber auch mehrere Jahre, sagt der Journalist Sascha Adamek, der gemeinsam mit dem Fernsehjournalisten Kim Otto das Buch seine Recherchen in dem Buch „Der gekaufte Staat“ veröffentlich hat. In vielen Fallbeispielen konnten Adamek und Otto nachweisen, dass die Konzerne eigene Führungskräfte in die Ministerien sandten, die gezielt Unternehmensinteressen durchsetzen sollten. Gerade einmal zwölf Beamte aus den Ministerien wurden in der Wirtschaft eingesetzt. „Ein Austauschprogramm sieht anders aus“, findet Sascha Adamek.

Einzelfälle oder Systematik?
Der Kritik an dem Personalaustauschprogramm hat sich nun eine Studie des Bundesrechnungshofes angenommen. Sie kommt zu dem Schluss, dass ein systematisches Vorgehen zur Vermeidung eines Interessenskonfliktes „nicht sichergestellt ist". Im Juni hat das Kabinett eine Verwaltungsvorschrift zum Einsatz der Leihbeamten beschlossen – jetzt sind noch drei Beamten im Einsatz.
„Lobbyismus findet nicht in Hinterzimmern statt“ ist ein Satz, den die Lobbyvertreter auf der Konferenz häufig sagen. Berlins Wirtschaftssenator Thilo Sarrazin (SPD) hält dagegen. In seinem Referat sorgt der Politiker für Wirbel. Er behauptet, im Falle der Bahnreform, deren Gegner der Politiker ist, habe die Bahn das Gesetz quasi im Alleingang gemacht: „Das Bahngesetz wurde von den Anwaltsbüros der Bahn geschrieben! Wir wurden gezielt ausgeschaltet. Ich hatte keine Adressaten mehr.“ Der Wirtschaftssenator traut der Deutschen Bahn einiges zu. Das Unternehmen habe sich Journalisten gekauft, „kritische Berichterstattung ist mit Anzeigenentzug beantwortet worden, die Bahn hat sich willfährige Schreiber herangezüchtet und ein bezahltes Lobbyistennetzwerk in allen Parteien aufgebaut“, behauptet Sarrazin. „Eine gute Story besiegt immer eine komplizierte Wahrheit“, bricht der SPD-Politiker die Lobbyarbeit auf einen Satz herunter.

„Wir beraten doch nur“
„Eine Information muss eingängig sein“, sagt Mirjam Stegherr, Leiterin des Berliner Büros der Agentur FischerAppelt Kommunikation. Auf die Kritik an ihrer Macht ohne Mandat reagieren die Profis des Lobbygewerbes mit demonstrativem Understatement: „Wir liefern nur Informationen“, sagt Jobst-Hinrich Wiskow, ehemaliger Redakteur beim Finanzmagazin „Capital“ und heute Pressesprecher vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). „Wir machen ja keine Politik, wir machen nur Politikberatung“, spult auch Cornelia Yzer herunter. Bis 1998 war sie Bundestagsabgeordnete der CDU, dann wechselte die Seiten und ist heute Hauptgeschäftsführerin des Bundesverband der forschenden Arzneimittelhersteller eine Top-Lobbyistin.
Gerd Mielke, Professor an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, nimmt allein 16.000 Lobbyisten für Brüssel an, vermutlich sei die Zahl noch höher.

Waffenungleichheit und Personalverflechtungen
Subtil sei auch der Einfluss durch externe Berater, Expertenrunden oder Kommissionen. „Dabei nimmt man stillschweigend in Kauf, dass der eingekaufte Sachverstand von Eigeninteressen geleitet ist, oder man setzt das staatliche Interesse mit den privaten Interessen, die hinter dem eingeholten externen Rat stehen, einfach gleich", kritisiert die Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt. Neutrale Fachleute zu finden, sei schwer, „weil viele Experten längst schon für bestimmte Interessentengruppen gut-achtlich tätig geworden sind und dort auf den Honorarlisten stehen", erklärt sie.
Die Palette subtiler Methoden der Lobbyisten ist groß: „Sich die Gunst von Politikern wie Journalisten mit Kongressen in schönem Ambiente zu erwerben, ist nur eine Variante. Noch erfolgversprechender ist es, sich die Bedürfnisse der Politik, die Schwächen, Eitelkeiten und Profilierungswünsche von Politikern zu Nutze zu machen", erzählt Christine Hohmann-Dennhardt. Hinzu kommt die personelle Verflechtung: Abgeordnete in den Aufsichtsräten von Unternehmen sind wie die sich zur Wahl stellenden Verbandsvertreter eine seit langem praktizierte Variante.

Das etwas andere Demokratieverständnis
Von Manipulation und Agieren könne überhaupt keine Rede sein, streitet Jürgen Hogrefe, Generalbevollmächtigter von Energie Baden-Württemberg (EnBW), ab. Seines Erachtens nach sei auch jeder Parlamentarier „ein Lobbyist für seinen Wahlkreis.“ Dass die Abgeordnete als gewählte Vertreter dafür durch ihr Mandat legitimiert sind, spielt für Hogrefe offenbar eine untergeordnete Rolle. Auch Interessensvertreter hätten einen Verfassungsauftrag, meint der Lobbyist:

„Energieunternehmen betreiben Daseinsvorsorge. Damit stehen wir in
gesellschaftlicher Verantwortung.“
Wenn es nach der Auffassung von Lobbyisten wie Jürgen Hogrefe geht, seien Unternehmen sogar „Bürger der Zivilgesellschaft.“ Die EnBW würde schließlich die Interessen ihrer 20.000 Mitarbeiter vertreten - von seinen Shareholdern schweigt er.
Dieses an den Feudalismus erinnernde paternalistische Demokratrieverständnis könnte sich womöglich bald in einem Ehrenkodex der Lobbyisten ausdrücken.
Dieses feudalistische Demokratrieverständnis könnte sich womöglich bald in einem Ehrenkodex der Lobbyisten ausdrücken. Denn neben einem Register für Interessensvertreter soll auch ein Verhaltenskodex für mehr Transparenz sorgen oder die Einführung einer „legislativen Fußspur, die auflistet, wer bei der jeweiligen Gesetzgebung mitgewirkt hat“, schlägt Cornelia Yzer vor.
Sascha Adamek hofft, dass die Medien ihre Kontroll- und Wächterfunktion wieder verstärkt wahrnehmen. Seine Recherchen über die Leihbeamten waren wirkungsvoll. Diesem Beispiel sollen nun andere Journalisten folgen. Immerhin seien besonders die Journalisten gefragt – in diesem Punkt waren sich Politiker, Lobbyisten und Medienvertreter einig.

Samstag, 4. Oktober 2008

Auffallende Besonderheiten

VON MARLIES HESSE

Das Erste, was dem früheren NRW-Regierungspräsidenten Franz Josef Antwerpes und Ex-Ehemann der Kölner Bürgermeisterin beim Hören des Deutschlandfunks als Besonderheit auffällt, ist der „hohe Anteil von Frauenstimmen, als ob es keinen männlichen Nachwuchs mehr gäbe“. Also fragte er den Intendanten in einem Interview für die Aachener Zeitung, woran das denn wohl läge. Und der erklärte ihm das mit der höheren Kompetenz der weiblichen Volontäre. Sie könnten besser zuhören und hätten einen natürlichen Charme. Diese Auffassung ließ beim Interviewer die Vermutung zur Gewissheit werden, dass Ernst Elitz kein „Frauenfeind“ sei. Wenngleich die Bemerkung des Autors, er höre die Nachrichten lieber von Männern“, beim Intendanten auf totales Unverständnis stieß, lässt sich nicht übersehen, dass die Frauenförderung in der überregionalen Rundfunkanstalt noch sehr zu wünschen übrig lässt. Auffallend wiederum, dass Namen von ehemaligen Volöntärinnen im Gegensatz zu ihren gleichzeitig ausgebildeten Kollegen nur vereinzelt im Programm auftauchen. Und woran mag das denn nun wohl wieder liegen?

Freitag, 3. Oktober 2008

Heiteres Vorurteils-Raten

VON CRASSIDA

Da hat die ZEIT eine gute Idee umgesetzt. Im Beitrag "Nervensägen? Plädoyers für ungewöhnliche Frauen" werden 15 Frauen betont positiv beurteilt, die in der Regel von vielen Menschen mit Augenrollen als gräßliche, anstrengende Nervensägen bezeichnet werden. Von Männern wie Frauen, wie ich selbst schon oft erlebt habe. Ich habe alle Beiträge gelesen und war erleichtert, dass bei mir nur eine einzige echtes "Augenrollen" verursacht.
Deshalb hier der Test "Heiteres-Vorurteil-gegen-Nervensägen-Raten":
Petra Kelly
Barbara Schöneberger
Andrea Ypsilanti
Jutta Ditfurth
Katja Riemann
Rita Süssmuth
Ursula Engelen-Kefer
Elke Heidenreich
Margarethe von Trotta
Ulla Berkéwicz
Sarah Kuttner
Bärbel Höhn
Claudia Roth
Lady Bitch Ray
Susanne Fröhlich

Na, zufrieden? Mehr hier.

Donnerstag, 2. Oktober 2008

Der Professor und das Flittchen

VON CRASSIDA

Darf ein Professor eigentlich alles? Andreas Dorschel hat in der SZ auf ein besonders krudes Exemplar aufmerksam gemacht:
Prof. Dr. Manfred Wetzel vom Institut für Philosophie der Freien Universität Berlin
hat gerade das Buch "Lebens-Poietische Philosophie" herausgebracht - wahrscheinlich während der Arbeitszeit und somit mit öffentlichen Geldern geschrieben.
Darin lässt er zügellos seinem Frauenhass freie Bahn. Ingeborg Bachmann ist für ihn ein Flittchen, er spricht von "hysterischen Pseudo-Emanzen' und die "Vorliebe mäßig attraktiver mitteleuropäischer Blondinen für Araber, Afrikaner und Lateinamerikaner'. An der Uni seien Halb-Emanzen unterwegs, die männerfeindliche Sprüche klopften und gleichzeitig auf Machos abführen. Damit meint er "baumlange Senegalneger" und "fundamentalpatriarchische Araber".

Dorschel spricht von "Entgleisungen" des Autors, der die Kontrolle verloren habe. Ich spreche von einem "extrem unattraktiven" 71jährigen Zausel, der die Uni längst hätte verlassen müssen.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Drei vor und Bayerinnen zurück

VON CRASSIDA

Drei Frauen erhalten in diesem Jahr den Alternativen Nobelpreis! Monika Hauser von Medica Mondiale, Amy Goodman von Democracy now und Asha Hagi aus Somalia. Vielleicht steckt hinter dem vierten nominierten indischen Namen ja auch noch eine Frau.

Von dieser weiblichen Fülle können wir in Bayern nur träumen. Es gab nicht nur ein Desaster für die CSU, es ist auch ein Desaster für weibliche Abgeordnete. 187 Abgeordnete sollen in den Landtag ziehen. Die CSU hat 92 (davon 23 Frauen), die SPD 39 (davon 18 Frauen), die Freien Wähler 21 (davon 6 Frauen), Grüne 19 (davon 10 Frauen), FDP 16 (davon 5 Frauen). Wie nahe sich Freie Wähler und CSU in ihrer Denke sind, lässt sich schon an deren Frauenanteil erkennen.
Und dann der Spruch des neuen FDP-Mannes Martin Zeil, der dringend mit der CSU koalieren will: "Als Jurist traue ich mir jedes Amt zu". Da fällt mir doch gleich der Spruch ein, "Journalisten sind Generalisten". Okay, ich traue mir auch jedes Amt zu.