Sonntag, 28. September 2008

Ein schlechtes Buch

von Judith Rauch

Vor 10 Tagen gab mir meine Kollegin, die bei bild der wissenschaft die Bücherseite verantwortet, ein Buch zu lesen - mit der Bitte, es zu rezensieren, weil das Thema so interessant sei. Es war Susan Pinkers "Das Geschlechterparadox. Über begabte Mädchen, schwierige Jungs und den wahren Unterschied zwischen Männern und Frauen", DVA, 2008. Ich schaute mir´s in der S-Bahn an und mailte noch am gleichen Abend zurück, dass ich das Buch nicht rezensieren möchte, weil es

  1. schlecht übersetzt ist
  2. nahezu ausschließlich dem nordamerikanischen Kulturkreis verhaftet
  3. eine Pseudo-Debatte führt (gegen Feministinnen, die angeblich Frauen in Männerberufe nötigen)
  4. und noch dazu wissenschaftlich fragwürdig daherkommt, weil es Äpfel mit Birnen vergleicht (männliche Spätstarter mit weiblichen Aussteigerinnen).

Am Montag darauf war das Buch Titelgeschichte im Spiegel.

Da schwante mir schon, dass ich es jetzt doch rezensieren muss. Weil es so wichtig genommen wird. Nicht, dass die Spiegel-Crew in der Story und im dazugeschalteteten Interview mit Susan Pinker völlig unkritisch vorgegangen wäre. Das nicht. Aber die Botschaft hat der Spiegel der Autorin abgekauft: Frauen streben nach Glück (und gemeint ist mal wieder ganz banal das Glück in der Familie), Männer nach Geld - das ist eben ihre Biologie.

Eine stock-reaktionäre Botschaft in Zeiten, in denen Frauen die Forderung nach gleicher Entlohnung durchsetzen wollen. Eine Steilvorlage für geizige Chefs: "Was, Sie wollen mehr Gehalt? Aber für Sie als Frau ist Geld doch nicht so wichtig. Sie haben doch ganz andere Werte. Das ist wissenschaftlich bewiesen."

Und wieder einmal schafft es ein schlechtes Buch, Energien abzuziehen von wichtigeren Debatten. Was für ein Frust - statt ein tolles und überzeugendes Buch anpreisen zu dürfen, muss ich mich mit einem Verriss plagen.

Freitag, 26. September 2008

Nordwand - Ein Männerfilm vom Durchhalten und zu Grunde gehen

Johanna Wokalek als frierende Volontärin.
Foto: © Majestic Filmverleih

VON TINA STADLMAYER

Liebe. Drama. Wahnsinn. Alles kommt vor in diesem modernen Bergsteiger-Film, mit dem gestern das Filmfest Hamburg startete. Und trotzdem fehlt etwas. Es dauert einfach furchtbar lange, bis sich die beiden Kletterer nach oben kämpfen, bis sie einsehen, dass sie keine Chance haben, den Gipfel zu erreichen, umkehren und sich bei Schneesturm wieder nach unten quälen. Der eine wird von einer Steinlawine erschlagen, der andere stirbt kurz vor der möglichen Rettung. Natürlich ist der Film streckenweise spannend. Aber weil er nach einer wahren Geschichte gedreht wurde, dem tödlich endenden Aufstieg der Berchtesgadener Bergsteiger Toni Kurz und Andi Hinterstoisser im Jahr 1936 auf die Eiger Nordwand, wissen die Zuschauer schon, wie es ausgeht. Um auf die Vorlieben der jungen, männlichen Kinogänger einzugehen, zeigt der Film ausgiebig die brutalen Stürze, Verletzungen, Erfrierungen und das Leiden der Bergsteiger.
Grandios sind die Schauspieler: Ulrich Tukur als gut aussehender, geistreicher Reporter einer Berliner Zeitung, der gleichzeitig linientreuer Nazi, Karrierist und widerlicher Macho ist. Und Johanna Wokalek, die eine schüchterne aber ergeizige Volontärin darstellt. Auch Benno Fürmann und Florian Lukas spielen die überpassionierten Bergsteiger Toni und Andi sehr überzeugend. Etwas albern ist allerdings, dass die beiden gebürtigen Berliner versuchen bayerischen Dialekt zu sprechen. Es hätten sich doch bestimmt auch süddeutsche Schauspieler (oder zumindest solche, die den Dialekt beherrschen) für diese Rollen finden lassen. Auch Johanna Wokaleks Sprache klingt nicht wie die einer Berchtesgadenerin.
Die Nebenhandlungen sind eigentlich interessanter, als das Berg-Drama: Der linientreue Nazi-Journalist versucht die Sportler für Propagandazwecke zu instrumentalisieren und nutzt die Bekanntschaft der Volontärin mit den beiden dafür aus. Die ergeizige Journalistin stachelt die zögernden Bergsteiger an, den Wahnsinn zu wagen – obwohl (oder weil) sie mit Toni ein Techtelmechtel hatte.
Sie erkennt übrigens zu spät, dass er der Richtige ist und klettert ihm entgegen. Doch das Melodram nimmt seinen Lauf. Vor ihren Augen stirbt er qualvoll. Nach der Premiere sind wir dann noch zur Filmfest-Party ins Alsterhaus. Die Stimmung war prima.

Film-Angaben:
Titel: Nordwand
Deutschland, Schweiz, Österreich 2008
Regie: Philipp Stölzl
Laufzeit 126 Minuten
Altersfreigabe: ab
12

Donnerstag, 25. September 2008

Männer und ihre Gefühle

VON BRITTA ERLEMANN

Wenn Männer doch reden könnten...

So hieß ein Beitrag eines Mannes über den mangelhaften Kontakt vieler Männer zu ihren Gefühlen gestern Abend in frautv (WDR, 22 Uhr). Folge laut Autor, beziehungsweise Männerexperte Björn Süfke: Vereinsamung, psychosomatische Krankheiten und Depressionen. „Männer sterben im Durchschnitt früher als Frauen und haben eine höhere Selbstmordrate“, so der WDR-Text im Internet dazu. Warum? „Gefühle werden unbewusst als gefährlich erachtet, als etwas, was schmerzhaft ist, was nicht Teil von Männlichkeit sein darf“, sagt Süfke. Deshalb reden viele Männer auch so wenig darüber, was sie fühlen...

Text hier.

Das ganze männliche Dilemma ist mir überhaupt nicht neu. Wer Mannsein mit Stärke definiert und die wiederum als den Mangel an Gefühlen – denn die werden traditionell den Frauen zugeschrieben – kann wohl kaum ausführlichen Kontakt zu seinem Seelenleben haben. Diese Verknüpfung ist einer der ältesten Kniffe des Patriarchats, um Frauen für minderwertig zu erklären. Dass das allerdings rein „unbewusst“ geschieht, wie es der Männerexperte zu verstehen gibt, sehe ich nicht. Denn Männer- und Frauenbilder sind – wenn auch sich verändernde – offizielle, in der Mehrheit immer noch von Männern gemachte Politik (im weiten Sinne). Einzig bei Männern prinzipiell immer erlaubtes Gefühl - so mein Eindruck - ist die Aggression. Auch sie ist m. E. in weiten Teilen der Gesellschaft mit Stärke gleichgesetzt.

Tatsache ist jedoch: Wer fühlt lebt! Fühlen erweitert die Wahrnehmung – sowohl die von sich selbst als auch die von anderen. Fühlen intensiviert Interaktion. Und Gefühle wahrnehmen, bedeutet Stärke, denn auf diese Weise spaltet frau/man sich nicht von sich selbst ab. Auch wenn´s manchmal weh tut!

Männer in Frauenräumen

Schön, dass es jetzt anscheinend zunehmend Männer gibt, die sich mehr mit ihrer Seele auseinandersetzen. Das kann dem Zusammenspiel von Männern und Frauen langfristig nur gut tun, beziehungsweise auch den Frauen zu Gute kommen (hoffe ich). Nur: Muss das ausgerechnet in einer der ohnehin im deutschen Fernsehen so raren Frauen-Sendungen sein? Im Zuge der Ver-Genderung (statt um Frauen dreht sich der öffentliche Diskurs zunehmend um Geschlechter) müssen gegenwärtig Frauen Budgets, Raum, Zeit an Männer abgeben, die die Frauenbewegung einst so hart als kleinen Ausgleich zur fehlenden Gleichberechtigung erkämpft hat. Manchmal geben sie auch freiwillig ab, wie es mir hier der Fall mit der frautv-Redaktion scheint.

„Schade“, kann ich da nur sagen. Als regelmäßige Zuschauerin dieser Sendung hätte ich mir da zumindest einen (durchgängigen) frauenspezifischen Blickwinkel auf das Thema gewünscht!

Samstag, 20. September 2008

Happy Birthday, Hedwig Dohm!

von Isabel Rohner



Als eine der ersten in Deutschland forderte sie das Stimmrecht für Frauen. In einer Zeit, als die Ehe als einzige Versorgungsgarantin der Frau angesehen wurde, setzte sich für die völlige rechtliche, soziale und ökonomische Gleichberechtigung der Geschlechter ein.

Von Pros, Antis und Frauen in Moscheen

Foto: Flickr
VON ISABEL ROHNER

Die rechtsextreme „Pro-Bewegung“ hat zu einem "Anti-Islamisierungs-Kongress" nach Köln geladen. Die Partei spekuliert auf Wählerstimmen durch internationale Unterstützung und fremdenfeindliche Propaganda. Auf dem Diskussionsplan steht dabei auch der Bau einer Groß-Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Der Stadtrat hat diesen umstrittenen Bau Ende August 2008 bewilligt. Zur Demonstration gegen diesen Kongress werden Tausende erwartet. Der Kölner Stadt-Anzeiger veröffentlichte gestern einen "Aufruf zur Demo von Kölner Promis". Ein genauerer Blick darauf lohnt sich aus verschiedenen Gründen: Die Argumente gegen den Pro-Köln-Aufmarsch könnten unterschiedlicher nicht sein. Sie reichen von unreflektierten Banalitäten wie "Im Karneval wird gemeinsam gefeiert" (ein "Promi" namens Markus Ritterbach) und "Köln ist so multi-kulti" (ein "Promi" namens Ozan Akhan) bis zu differenzierteren Auslassungen von Günter Wallraff und Alice Schwarzer, die auch den aktuellen Beschluss über den Moscheebau miteinbeziehen - denn darüber wird es beim heutigen Aufmarsch auf beiden Seiten vor allem gehen. Schwarzer bringt es dabei - mal wieder - auf den Punkt: "Es ist falsch, das berechtigte Unbehagen der Menschen über eine so demonstrativ mächtige Moschee den Rechten zu überlassen." Gegen diese Rechts-Besetzung will Schwarzer demonstrieren. Doch soll dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie die Kritik an dem 55 Meter hohen Bau für wichtig hält. Was in Köln gerade geschieht, ist eine geschickte thematische Vermischung und Neu-Konnotierung. Durch die radikale Rechts-Besetzung jeglicher Kritik am Moscheebau werden Gegenstimmen, mögen sie auch noch so begründet sein, automatisch in die äußerste rechte Ecke geschoben und damit mundtot gemacht. Die Befürworter des Baus wird diese Verknüpfung mit Sicherheit freuen. Das 25-Millionen-Euro-Projekt wird übrigens von der türkischen Religionsbehörde Dyanet, also einem Organ der türkischen Regierung, finanziert. Ob die auch Pro-Köln finanzieren? In den Reihen der Stadt-Anzeiger-Befragten befanden sich übrigens unter den 18 "Promis" gerade einmal zwei Frauen. Neben Schwarzer wurde nur noch die Chefin des Senftöpfchen-Theaters, Alexandra Kassen, befragt. Doch vielleicht wollte der KSTA nur Menschen miteinbeziehen, die die Haupträume der Moschee auch betreten dürfen? Zur Trennung der Geschlechter in "seiner" Moschee äußerte sich Architekt Paul Böhm in einem Interview mit der FAZ: "Ich hatte zunächst gehofft, dass wir Männer und Frauen auf der gleichen Ebene haben. Aber das ist mir, muss ich gestehen, nicht gelungen: Jetzt beten die Frauen auf der Empore in drei Meter Höhe."

Donnerstag, 18. September 2008

Kinder, guckt Euch bloß kein' Zohan an

Frohe Erwartung gestern nachmittag: 14 FünftklässlerInnen gehen mit ihren Partnerklasse, NeuntklässlerInnen, ins Kino. Per Abstimmung hatten sich die Fünfties für "Leg dich nicht mit Zohan an" entschieden. Na ja, eigentlich waren nur die Jungs dafür. Soll irgendwie lustig sein, hatten sie gehört. Die Mädchen wollten lieber in "Frontalknutschen". Das wäre im nachhinein vielleicht sogar der "besserere" Film gewesen. Denn die Kinder (auch die NeunklässlerInnen) kamen ziemlich geschockt aus "Zohan" wieder raus. Widerlich, pervers, sexistisch - war IHRE Meinung zu dem Film. Das eigentlich Schockierende daran ist, dass dieser für Erwachsene möglicherweise witzige (???) Film AB SECHS JAHREN freigegeben ist.

Sexistische Bilder im Kopf
Dieser triebegesteuerte Zohan lebt ungehemmt sein Geschlechtsleben aus und das wird breitseite gezeigt, dass die Wände im Friseursalon wackeln. Warum, frag nicht nur ich mich, wird ein solcher Film für KINDER freigegeben? Vielleicht, denkt die zuständige Stelle, sind Zehnjährige eh schon so abgebrüht, dass die nichts mehr schockt !? Doch solche sexistischen Bilder (Riesenpenis in der Hose, Fisch im Hintern, allzeitbereite Frauen...) bleiben in kleinen und jugendlichen Köpfen hängen. Wer weiß schon, was die darin anrichten ?

Sonntag, 14. September 2008

Nur keine falsche Bescheidenheit!

von Judith Rauch

Ihr Lieben, hier seht Ihr unsere Freundin Tina Groll auf dem Titel des medium-Magazins. Tina wurde von diesem renommierten Branchenblatt als Vertreterin der jungen Journalisten-Generation interviewt, zusammen mit drei anderen jungen JournalistInnen, und ich finde das großartig. Als ich Tina dazu gratulierte, dass sie jetzt aber wirklich berühmt sei, ließ sie jedoch folgendes verlauten (und ich tue jetzt etwas Unverzeihliches und mache einen privaten Dialog öffentlich):

Oh ja, das bin ich. Aber berühmt wohl eher nicht. Ähm, eigentlich bin ich die totale Fehlbesetzung in der Riege, denn die anderen sind Dominik Cziesche vom Spiegel, jetzt Harvard University, Timm Klotzek (Chefred. der NEON) und Julia Friedrichs, WDR-Journalistin mit dem Elite-Buch.

Fehlbesetzung? Nun, ich würde vorschlagen, dass wir uns mal die anderen ansehen:
  1. Dominik Cziesche: Jawohl, der Spiegel ist ein renommiertes Blatt. Dominik Cziesche ist dort in jungen Jahren Redakteur geworden, hat das Blatt aber jetzt verlassen, um seine akademische Ausbildung fortzusetzen. Im Interview beklagt er sich die ganze Zeit, Verlage würden nicht genug für die Personalentwicklung tun - ob er da eigene Erfahrungen zum Besten gibt? Wie auch immer, es ist ungewiss, ob Dominik Cziesche trotz oder wegen seiner hohen Ansprüche je wieder in den Journalismus zurückkehren wird. Eine Fehlbesetzung? Könnte man so sehen.
  2. Timm Klotzek: NEON ist eine klasse Zeitschrift. Klotzek sagt gute Sätze im Interview. Aber ist er wirklich noch ein junger Mann mit seinen 35 oder 36 Jahren? (Wikipedia gibt als Geburtsjahr 1972 oder 1973 an, bitte mal festlegen, lieber Herr Kollege!). Ganz schön grauhaarig ist er ja geworden, wie man schon auf dem Titelbild sehen kann. Eine Fehlbesetzung? Das nicht gerade, aber um Ähnliches zu erreichen, hat unsere Tina noch ein paar Jährchen Zeit.
  3. Julia Friedrichs: eine junge Kollegin, die ganz deutlich eigene Akzente setzt und einen Nerv der Zeit getroffen hat mit den Themen Armut und Elite. Also sicherlich keine Fehlbesetzung.
  4. Ja, und Tina Groll selbst? Hat ihren Haupt- und Brotjob zwar "nur" in einer Lokalzeitung (Weserkurier), aber dasselbe könnte man über Großmeister wie Harald Martenstein (Tagesspiegel) und Axel Hacke (Süddeutsche) auch sagen. Ansonsten sitzt sie im Vorstand eines bundesweiten Berufsverbands (Journalistinnenbund), engagiert sich in einem weiteren bundesweiten Verein (Netzwerk Recherche), schreibt selbst immer wieder in hochrenommierten Branchenblättern und hat mit diesem Blog ein weiteres Forum für den öffentlichen Austausch über Journalismus verantwortlich mit aufgebaut. Hab ich was vergessen? Bestimmt.
Nein, nein, nein, Tina, Du bist garantiert keine Fehlbesetzung. Vergiss es!

Samstag, 13. September 2008

Das Hausweib und der Beschützer

Die Frau, die ihm den Haushalt schmeißt - nach männlichen Vorstellungen noch immer kein Auslaufmodell. FOTO: FLICKR


VON BRITTA ERLEMANN

Gut 26 Prozent mehr Frauen als Männer schätzen an ihrem(/r) Lebensgefährten(/in) vor allem, dass er (sie) gute finanzielle Ressourcen erwirtschaftet. Fast 19 Prozent mehr Frauen als Männer schätzen an dem (/der) Lebensgefährten (/in), dass er (/sie) sie umsorgt und beschützt.
Dagegen stellen beinahe 33 Prozent der Männer mehr als Frauen positiv heraus, dass die Partnerin (der Partner) gut kochen könne sowie über 16 Prozent der Männer mehr als Frauen, dass die Partnerin im Beruf oder im Haushalt so tüchtig sei.

Das und mehr ergab eine repräsentative Befragung der GfK-Marktforschung im Auftrag der Apotheken-Umschau im vergangenen April zum Thema Paarbeziehungen. Zugrunde liegen 2014 Interviews netto mit Menschen ab 14 in Deutschland. Die Ergebnisse sind nach Auskunft der Pressesprecherin des Wort & Bild Verlages (Herausgeber der Apotheken Umschau), Katharina Neff, bislang nur in einem kurzen Auszug veröffentlicht, mehr dazu folgt in der Oktober-Ausgabe. Befragt wurden rund 2.000 Personen, darunter Männer und Frauen. "Wie bei der durchschnittlichen Verteilung in der Bevölkerung dürfte es sich dabei mehrheitlich um Heterosexuelle handeln, getrennt abgefragt wurde dieser Punkt jedoch nicht“, erklärt sie auf Nachfragen. Bei beiden Geschlechtern ganz vorne rangierte übrigens die Treue als wichtige Eigenschaft (bei Frauen an erster Stelle). Männer favorisierten Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit bei der Partnerin.

Klassische Rollenverteilung
Die klassische Rollenverteilung – sie das bekochende Hausweib, er der beschützende Ernährer geistert also auch heute stark in den Köpfen der Menschen in Deutschland herum. Doch was steckt dahinter? Ich könnte jetzt natürlich die letzten 2000 und mehr Jahre Patriarchat rückwärts analysieren. Aber ich möchte einen Blick auf die Gegenwart werfen. Der Mann als Beschützer? 90 Prozent aller Vergewaltigungen an Frauen begehen Männer aus deren sozialen Nahbereich. Also Ehemänner/Partner, Freunde, Väter, Onkel, Chefs und dergleichen. Jede fünfte Frau ist Opfer häuslicher Gewalt[1] durch den Ehemann/Lebensgefährten. Da ist es mit dem männlichen Schützen wohl nicht weit her. Doch der hetero-patriarchale Mythos vom starken Mann, der – natürlich seine – schwache Frau beschützt vor der bösen Welt – ich konkretisiere: bösen Männern - da draußen hält sich hartnäckig. Dass sich Frauen Schutz vor der ganzen Frauenverachtung und Gewalt an Frauen in der Welt wünschen, finde ich bis zu einem gewissen Punkt sogar verständlich. Abgesehen davon, dass jedoch Frauen ihre eigenen Stärken haben, stabilisiert sich dieses vermeintlich Beschützersystem gegenseitig: Weil Männer Gewalt an Frauen ausüben, braucht es andere Männer, die die Frauen beschützen. Mit der Konsequenz, dass sie in beiden Fällen, das (vermeintlich) schwache, unterlegene und von ihm und seinem Wohlwollen abhängige Mäuslein ist. Die Alternative: Männer hinterfragen ihre Rollen und befrieden sich! Nach den Worten einer langjährigen Mitarbeiterin des Kasseler Notrufs für vergewaltigte Frauen wissen andererseits Frauen oft (ich ergänze: sozialisationsbedingt) nicht um ihre Stärken und stehen unter dem gesellschaftlichen Druck, einen Mann an ihrer Seite zu brauchen.

Was den Mann als Ernährer anbetrifft: Angesichts der Tatsache, dass Frauen bereits für die gleiche Arbeit 24 Prozent weniger Lohn erhalten, nimmt es m. E. nicht Wunder, dass Frauen sich wünschen, dass wenigstens er einigermaßen Geld nach Hause bringt. So zementiert sich ökonomische Abhängigkeit! Und zum bekochenden Hausweib, dass im gemeinsamen Heim so tüchtig ist: Anscheinend oder offensichtlich haben auch im 21. Jahrhundert und trotz 50 Jahre Gleichberechtigung im Grundgesetz viele Männer immer noch keine Lust dazu, diese Arbeiten selbst zu verrichten. Nur 50 Prozent der Männer helfen überhaupt im Haushalt. Wobei helfen nicht einmal heißt, dass sie auch die Hälfte der anfallenden Aufgaben verrichten. Sehr bequem, wenn das dann die tüchtige (siehe oben) Ehefrau erledigt.

Es gibt also noch viel zu tun in der Geschlechterwelt!

Donnerstag, 11. September 2008

Killer-Kollegin

VON CRASSIDA

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagt heute die Chefredakteurin des Magazins "PC-Games", Petra Fröhlich, ja, es sei das Menschenrecht eines jedes Bürgers, Menschen zu erschießen, wenn auch nur virtuell. Dabei vergleicht sie Killerspiele mit dem Anblick einer Wasserleiche im Tatort. Auf die Frage, wie sie sich fühle, wenn sie gerade fünf Gegner aus dem Weg geräumt habe, sagt unsere Kollegin: ""Ich fühle mich gut unterhalten. Es ist das Adrenalin ... "

Montag, 8. September 2008

Livia Leu Agosti wird neue Botschafterin der Schweiz im Iran

VON ISABEL ROHNER 

Ende des Jahres wird der Schweizer Botschafter im Iran, Philippe Welti, abgelöst und zwar von der 47-jährigen Spitzendiplomatin Livia Leu Agosti. Sie wird das Amt in Teheran übernehmen. Bislang leitet sie die Politische Abteilung II im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern, mit dem Zuständigkeitsbereich Afrika und Nahost. Doch schon schlagen die Wellen hoch: Eine Frau? Im Iran? Mit Kopftuch bei offiziellen Anlässen? Leu Agostis Reaktion: Wenn sie als Botschafterin im Iran wirke, setze sie ein Zeichen für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen und zeige, wie selbstverständlich Frauen zentrale Positionen in Politik und Gesellschaft einnehmen. "Das ist meines Erachtens wichtiger, als dieses Land beruflich zu meiden", sagte die designierte Botschafterin. Wir wünschen viel Erfolg! - Und bleiben dran.

Sonntag, 7. September 2008

100, 90, 50 Jahre GleichbeRECHTigung ?

Foto: Frauenrat

Solange die Gleichberechtigung nicht verwirklicht ist, leben wir in einer "unfertigen Demokratie". Das hat der Frauenrat 2002 anslässlich des 50jährigen Bestehens der Zeitschrift "FrauenRat" festgestellt. Jetzt widmet das Heft gleich einen ganzen Schwerpunkt der GleichbeRECHTigung. Anlass: Vor 50 Jahren wurde der Gleichberechtigungsartikel verabschiedet. Außerdem nutzt die Dachorganisation der Frauenverbände das Datum, um auf eine Kernaufgabe ihres Verbandes hinzuweisen.

Auszüge aus dem Inhalt

Inge von Bönninghausen schreibt über die Geschichte der Emanzipation,
Kerstin Wolff widmet sich den 100 Jahren, die Frauen in der Parteipolitik tätig sind,
Über 90 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland berichtet Elke Schüller,
Ulrike Helwert und Karin Nungeßer diskutieren mit vier Frauen aus drei Generationen über Gleichstellung, sehr witzig ist die Erinnerung von taz-Mitbegründerin Ute Scheub an die Busen der taz-Frauen - und deren Durchschlagskraft!
Ein Heft, in dem jeder Artikel lesenswert ist und uns vor Augen führt, dass wir bei aller Gleichstellung, Emanzipation, Genderfrage noch weit von einer "fertigen Demokratie" entfernt sind. Das zeigt besonders der Text über die Studie "Gleichberechtigt - bis zum ersten Kind?" Alles in allem ist der Redaktion - JB-Mitgliedsfrauen!- eine sehr lesenswerte Ausgabe des FrauenRat gelungen. Nachdenkenswert sind auch die zeitgenössischen Schwarz-Weiß-Illustrationen, die Schulfibeln der vergangenen Jahrzehnte entnommen wurden.

Zu bestellen ist die Zeitschrift FrauenRat hier.