Samstag, 26. Juli 2008

Schau mir nicht auf die Beine, Kleiner!

 

von Judith Rauch

Mit diesem Beitrag erfülle ich eine Bitte von Wolfgang Goede. Er ist Redakteur von P.M., also einem Konkurrenzblatt von bild der wissenschaft. Aber wir verstehen uns trotzdem, denn wir sind im selben Verein: ISWA. Das ist die "International Science Writers Organisation": Wolfgang Goede bat mich, auf einen Eintrag auf "Open Science", einem Blog seines Magazins, zu reagieren. 

Darin schreiben Sandra Stricker und Cornelia Reichert über die Erfahrungen junger Frauen beim Einstieg in den Wissenschaftsjournalismus: Ich habe die Beiträge mit einigem Erstaunen gelesen. Denn was da geschildert wird, ist alles andere als neu. Hat sich denn, seit ich jung war, so wenig verändert? Ist es gar schlimmer geworden - in den Redaktionen, auf Presseveranstaltungen? Das sieht ja gar nicht nach massenhaftem Auftreten selbstbewusster Alphamädchen aus, die die Jungs im Job und in der Liebe einfach so an die Wand spielen. Dagegen nach zähen Kämpfen um Beachtung. Beachtung der eigenen Werke, nicht der eigenen Beine wohlgemerkt.  

Vernetzung ist gut, aber ist sie alles? 

 Und was sollen die jungen Journalistinnen jetzt tun, damit sich der Blick ihres (künftigen) Kollegen ein wenig hebt? Die Aufforderung "Schau mir in die Augen, Kleiner!", würde vielleicht schon zu einer gewissen Verbesserung führen. Aber letztlich soll er dort mit seinem Blick nicht haften bleiben, sondern lesen, was Sandra oder Cornelia geschrieben haben, und dann sagen: "Toll! Wirklich toll! Das könnte ich nie!" Oder? 

Und wie kommen wir dahin? Wolfgang Goede empfiehlt Vernetzung der weiblichen Generationen. Das kann ich nur unterstützen und lade Sandra und Cornelia darum gleich mal zum Journalistinnenbund ein: Aber natürlich können wir Frauen die Sache nicht alleine richten. Schließlich sollen sich ja die Männer bewegen. Und damit sie das tun, kann ich leider nur ein paar höchst unweibliche Strategien empfehlen, auf die Cornelia Reichert ja selbst schon gekommen ist: Werben für die eigenen Themen. Sie durchsetzen. Verteidigen. Anpreisen. Damit prahlen (sie tun es doch auch)! Notfalls drohen. Wie heißt es doch im berühmten Shelley-Gedicht "Ozymandias":

Look on my works, ye mighty, and despair!

Freitag, 25. Juli 2008

Europa wählt die Lieblingsdramatikerin

VON ISABEL ROHNER
IN ZUSAMMENARBEIT MIT ARTE

Europa wählt – Wählen Sie mit! Der Watch-Salon sucht die wichtigste europäische Dramatikerin. Eine Suche, bei der wir auf Sie angewiesen sind! So wie das Theater selbst ein großes Spiel ist, so will auch der Watch-Salon spielerisch ermitteln, wer von all den großen Dramatikerinnen diejenige ist, die die meisten Spuren hinterlassen hat. Wer ist Ihrer Meinung nach die größte aller europäischen Dramatikerinnen?

10 Dramatikerinnen sind noch im Rennen - stimmen Sie also jetzt ab:

- Beckett, Samuel
- Brecht, Bertolt
- Goethe, Johann Wolfgang von
- Ibsen, Henrik
- Molière
- Sartre, Jean-Paul
- Schiller, Friedrich
- Shakespeare, William
- Sophokles
- Tschechow, Anton Pawlowitsch

Die Orginalabstimmung gibts übrigens auf www.arte.tv/dramatiker

Donnerstag, 24. Juli 2008

Katia Mann - heute wird die Managerin des Zauberers 125 Jahre alt

Ich habe in meinem Leben nie tun können, was ich habe tun wollen?

VON ISABEL ROHNER

Heute finden sich gleich in mehreren Zeitungen Porträts über sie, die Frau an der Seite des großen deutschen Dichters Thomas Mann.

Interessanterweise ähneln sich die Artikel sehr: Alle betonen, dass Katia Mann (1883-1980) ihre Briefe mit "Frau Thomas Mann" unterschrieb. Und alle haben ganz offensichtlich zwei Lieblingszitate von ihr, erstens: "In dieser Familie muss es einen Menschen geben, der nicht schreibt" und zweitens: "Ich habe in meinem Leben nie tun können, was ich hätte tun wollen."

Nein, ich will hier nicht ins gleiche Horn stoßen und schreiben, dass Katia Mann "ihre Karriere" ihrem Gatten geopfert hat - auch wenn man den Abbruch ihres Studiums für die Ehe mit Thomas Mann so interpretieren kann. Katharina Hedwig Pringsheim, wie sie ursprünglich hieß, gehörte zu den ersten jungen Frauen, die 1901 in München das Abitur machten. Studieren allerdings konnte auch sie nur mit einer Sondergenehmigung, denn ein Studium war für Frauen in Bayerns Hauptstadt erst ab 1903 möglich. Ihr Mathematik-Studium brach sie jedoch schon nach kurzer Zeit ab und heiratete den Autor der Buddenbrooks. Verständlicherweise hatte ihre Großmutter Hedwig Dohm (1831-1919) für diesen Schritt wenig Verständnis - sie, die in Deutschland als eine der ersten das Stimmrecht für Frauen und die völlige rechtliche, gesellschaftliche und ökonomische Gleichberechtigung von Männern und Frauen gefordert hatte, und die in ihrer Jugend um jedes Blättchen Bildung kämpfen musste.

Aber Leben ist mehr als das, was die BiografInnen gern daraus machen.
Schauen wir uns Interviews von Katia Mann an, sehen wir eine resolute Frau. Eine Managerin, ohne die Thomas Mann wohl kaum der Thomas Mann der Literaturgeschichte geworden wäre. Eine Frau, die die Fäden der Korrespondenz, der Vermarktung und des gemeinsamen Lebens in der Hand hatte. Aber natürlich war sie auch nicht nur das.

"Ich habe in meinem Leben nie tun können, was ich hätte tun wollen", diktierte sie 1970 für ihre "Ungeschriebenen Memoiren" ihrem jüngsten Sohn Michael und der Autorin Elisabeth Plessen in die Feder (oder sie erzählte etwas anderes, jedenfalls wird sie von Mann/Plessen so wiedergegeben). Ihren Mann hat sie zu diesem Zeitpunkt bereits 15 Jahre überlebt. Ihr Sohn Klaus nahm sich 1949 das Leben, Erika starb 1969, also ein Jahr zuvor. Vielleicht war Katia Mann zu diesem Zeitpunkt einfach ziemlich gefrustet und einsam. Verstehen könnte man es. So allein mit Golo Mann.

Mittwoch, 23. Juli 2008

Verräterische Schreibe

VON CRASSIDA

Am Montagabend trafen sich 700 Verlags-Frauen in der Pinakothek der Moderne in München, um die Ausstellung "Female Trouble" anzusehen. Nicht, dass mir Frauenzeitschrifts-Redakteurinnen besonders liegen würden, aber was Philipp Crone von der SZ (sichere Quelle sagt "ein Jüngelchen") dazu schreibt, ist ebenso dreist wie provinziell. Unter der Rubrik "Lauter laute Frauen" tragen bei ihm die "Damen" "grellbunte Kleider" ... jeder Tisch "riecht nach einem anderen Parfüm" ... "die Ansprache der vielen -innen wie etwa Patrizia Riekel, Chefredakteurin von Bunte, Ulrike Zeitlinger, -in von Freundin, oder Annette Weber, -in von InStyle sind kurzweilig, nur kann Mann sie kaum verstehen" ... weil Nicht-Mann nicht zuhören, sondern "ratschen will" ... "pro Frau ein Dezibel" etc.
Unter 30 und schreibt wie der ältliche Redakteur eines Provinzblattes.

Dienstag, 22. Juli 2008

Von Machos, Kavalieren und dem Willen zur Macht

von Judith Rauch

In der FAZ las ich ein Interview mit dem Kulturwissenschaftler Thomas Macho. Schöner Name übrigens. Es ging um Christian Wulff und seine Absage an Kanzlerschaftsambitionen. Macho meinte, das habe auch etwas mit "Rollenaspekten der Geschlechterdifferenz" zu tun. Ich darf mal kurz zitieren:

FAZ: Zurück zur politischen Bühne. Kann man sich nicht ebenso gut schneidige Bekenntnisse zur politischen Macht vorstellen, die einen professionellen Umgang mit ihr signalisieren?

Macho: Natürlich, diese Rhetorik funktioniert auch in bestimmten Kontexten. Aber gegenwärtig kollidiert sie allzu leicht mit Rollenaspekten der Geschlechterdifferenz. Es geht ja nicht nur um das Verhältnis zu einer anonymen Macht, sondern auch um symbolisch eingespieltes und trainiertes männliches Konkurrenzverhalten, wie es mit dem Begriff der "Alphatiere" von Wulff auch angesprochen wird. Zugleich geht es um eine Frau, die an der Macht ist. Ein Mann wie Wulff wählt hier nicht das Duell, sondern eine Art Kavaliersgeste, in seinem Fall natürlich eine ziemlich vergiftete.

FAZ vom 18. Juli, online hier:

Vergiftete Kavaliersgeste? Hmm. Diese Interpretation schien mir doch etwas an den Haaren herbeigezogen, ganz abgesehen von der Schiefe des Bilds. Deshalb kaufte ich mir beim Zwischenstop in Zürich erst mal den Stern mit dem Original-Interview. Und fand: Ganz normale, schlichte, kaum interpretationsbedürftige Aussagen von Christian Wulff. Teilweise sogar witzig wie in diesem Dialog:

stern: Von hier aus können wir nicht nur die Quadriga, sondern auch das Kanzleramt sehen. Da würden Sie nie am Zaun rütteln?

Wulff: Nein. Sie wissen doch: Ich bin jemand, der sich nach den Öffnungszeiten erkundigt.

(stern 30/2008, 17.7., S. 44ff)

Also, der Mann hat erkannt, dass er nicht zu den Alphatieren gehört. Schön für ihn! Wäre diese Erkenntnis nur weiter verbreitet! Schließlich können auch in patriarchalen Tiergruppen nicht ALLE Männchen Alphamännchen sein, sondern nur ein paar. Von matriachalen Gruppen wie Wölfen und Elefanten ganz zu schweigen. Für die FAZ scheint das eine unerhörte Erkenntnis zu sein - und eine höchst erklärungsbedürftige.

Wenn schon etwas hineingeheimnist werden muss in Christian Wulff, so vielleicht Angst. Angst vor der mächtigen Frau. Am Ende des Interviews weigert er sich nämlich, einen Merkel-Witz zum Besten zu geben. Mit der Begründung:

Ich werde einen Deubel tun. Ich habe das mal auf einer Karnevalssitzung in Düsseldorf getan. Das haben ihr hinterher Journalisten erzählt. Sie fand das nicht so witzig.

Eine Kavaliersgeste kann ich in dieser Weigerung nicht erkennen. Da kuscht einer. Na und?

Montag, 21. Juli 2008

Genitalverstümmelung: Kein Schnitt ins Leben

4.000 Mädchen sind bedroht - Terre des Femmes startet am 24. November eine bundesweite Kampagne gegen Genitalverstümmelung FOTO: TdF
Alle 11 Sekunden wird weltweit ein Mädchen an seinen Genitalien verstümmelt! Diese schwere Menschenrechtsverletzung macht auch vor Deutschland nicht Halt: Allein im Bundesgebiet leben mindestens 20.000 Frauen, die bereits betroffen sind. Über 4.000 Mädchen sind bedroht.
Aus diesem Grund startet TERRE DES FEMMES am Vorabend des internationalen Tages "NEIN zu Gewalt an Frauen" eine zweijährige bundesweite Kampagne gegen weibliche Genitalverstümmelung. "KEIN SCHNITT INS LEBEN!" ist nicht nur der Titel der Kampagne, sondern die Vision für jedes Mädchen, jede Frau weltweit!
Die Auftaktveranstaltung der Kampagne "KEIN SCHNITT INS LEBEN!" findet am Montag, dem 24. November 2008, um 19.00 Uhr im Festsaal des Abgeordnetenhauses Berlin statt.
Mit einer Lesung aus Büchern afrikanischer Frauen möchte Terre des Femmes den betroffenen Mädchen und Frauen eine Stimme verleihen. Außerdem wird Dorothea Walter ihre Performance "Liebe die Rose über die Verstümmelung der weiblichen Genitalien" zeigen. Sie erzählt in Bildern, Texten, Bewegung und Musik die Geschichte eines Mädchens, dessen Genitalien verstümmelt werden und endet mit einem Mädchen, das sein Leben noch unversehrt vor sich hat. Schließlich wird TdF den Anlass dazu nutzen, die neue Terre-des-Femmes-Wanderausstellung "Sie versprachen mir ein herrliches Fest...", die ab 2009 gebucht werden kann, zu eröffnen.

Zudem lädt Terre des Femmes ein zu der am 25. November 2008 im Deutschen Bundestag stattfindenden Podiumsdiskussion zum Thema weibliche Genitalverstümmelung, die von "Forward" in Kooperation mit TdF organisiert wird. In der Diskussion geht es um die Entwicklung eines nationalen Aktionsplans gegen Genitalverstümmelung in Deutschland. Podiumsgast ist unter anderem Berhane Ras-Work, Präsidentin des Inter-African Committee.

Samstag, 19. Juli 2008

Die Frau, die nach Conti greift

Foto: Schaeffler.de
Maria-Elisabeth Schaeffler: Den Namen kannten bis vor Kurzem nur Insider. Seit einigen Tagen indes ist sie die Frau mit der größten Medienöffentlichkeit. Handelsblatt, Financial Times Deutschland etc. hievten sie auf den Titel. Denn: Die Inhaberin des gleichnamigen fränkischen Familienunternehmens will den Großkonzern Continental schlucken. Die Schaeffler-Gruppe stellt unter anderem Wälz- und Kugellager her.

"Die listige Witwe", verstieg sich der Korrespondent der Badischen Zeitung Freiburg zu einem gewagten Wortspiel. Ja, ja, Frauen, die Wirtschaftsunternehmen führen, muss man halt nicht ganz so ernst nehmen. Frau Schaeffler musste schließlich nach dem Tod ihres Mannes 1996 Knall auf Fall in die Männerwelt eindringen.
Ob der Coup mit der Übernahme gelingt ? Wir bleiben am Ball!

Vergesst Roche - lest Natalie Angier!



Foto: Verlag Bertelsmann

Dieses Buch ist einfach genial. Durch einen Zufall habe ich die seit Jahren in meinem Bücherschrank stehende Ausgabe "Frau - eine intime Geografie des weiblichen Körpers" der amerikanischen Autorin Natalie Angier wiederentdeckt. Vergesst Roche - lest die Angier! Sie schreibt respektlos und gnadenlos witzig über die Anatomie der weiblichen Geschlechtsorgane.

Ein Auszug aus Kapitel 4, "Das wohltemperierte Klavier" - die Klitoris: "Frauen glauben vielleicht, ihre Klitoris ziemlich gut zu kennen. Sie betrachten sie als eine alte Freundin. Sie meinen vielleicht sogar, es gebe irgendwo da oben eine Göttin dieses Namens: Unsere Liebe Frau von der Immerwährenden Ekstase. Freuds Penisneid haben sie nie geschluckt. Warum sollten sie sich eine Schrotflinte wünschen, wenn sie eine handliche Halbautomatik haben können? Aber frage eine beliebige Frau, wie groß ihre Klitoris ist oder wie groß die durchschnittliche Klitoris ist oder ob es diesbezüglich überhaupt irgendwelche individuellen Unterschiede gibt, und du kannst so gut wie sicher sein, dass sie nicht einmal wissen wird, wo sie die Messlatte anlegen oder welche Maßeinheit sie überhaupt verwenden soll. (...)

Auf Seite 110 in meiner gebundenen Ausgabe geht es weiter: " Die Klitoris liebt die Macht und sie strebt nach immer neuer Bestätigung des Gefühls, dass sie das Sagen hat. Die Anthropologin Helen Fisher hat herausgefunden, dass Frauen, die leicht und mehrfach hintereinander zum Orgasmus kommen, ein Merkmal gemeinsam haben: Sie übernehmen die Verantwortung für ihre Befriedigung. Sie verlassen sich nicht auf die Leistungsfähigkeit oder die hellseherische Begabung ihrer Liebhaber, wenn es darum geht, das zu bekommen, was sie wollen. (...) Ein Film, in dem eine Frau dadurch zu Gipfeln besinnungsloser Wollust gelangt, dass sie à la 'Letzter Tango in Paris' hochgewuchtet und gegen die Wand geknallt wird, ist mit Sicherheit kein Streifen, bei dessen Produktion eine Frau das Sagen hatte."

Natalie Angier ist Pulitzer-Preisträgerin. Das Buch erschien 2000 bei Bertelsmann.

Mittwoch, 16. Juli 2008

Verzerrtes Bild von der Welt

Die Frauen erobern auch den Auslandsjournalismus. FOTO: IMAPIX

Medien sparen an Auslandskorrespondenten und setzen junge VJs ein
Sie sind jung, sie sind ambitioniert und mit einem Laptop und einem Mini-Satelliten ausgestattet. Damit bereisen sie als VJs, als Video-Journalisten, die Krisen- und Kriegsregionen dieser Welt, oft unter Einsatz ihres Lebens – wie derzeit die drei jungen NDR-Journalistinnen, die aus China und Birma berichten. Für den Journalisten und Medienexperten Kuno Haberbusch, Chefredakteur des NDR-Medienmagazins „ZAPP“ ist das die neue Form der Auslandsberichterstattung. Für Haberbusch klar: „Frauen sind hier groß im Kommen.“ Sie seien taffer, ambitionierter, vielleicht sogar mutiger als ihre männlichen Kollegen. So mancher glaubt, dass die Auslandsberichterstattung bald eine Frauendomäne werden könnte – wenn sich die neuen Techniken durchsetzen. Schließlich ist als VJ vor allem die Fähigkeit zum Multitasking gefragt und da sollen Frauen bekannt besser sein.

Frauenanteil unter KorrespondentInnen steigt
Fakt ist: Unter den Auslandskorresponten sind, wie generell im Journalismus, immer mehr Frauen. Aber Berichterstattung aus aller Welt ist nicht mehr so gefragt. Und die Arbeit ist nicht ganz ungefährlich. Vor allem die jungen Journalistinnen und Journalisten sind häufig noch unerfahren und gerade was den Einsatz in Krisengebieten angeht nicht gut genug ausgebildet und abgesichert. Denn der Einsatz von Auslandskorrespondenten kostet. Der Nachrichtensender N24 beispielsweise beschäftigt keine festen Auslandskorrespondenten vor Ort mehr – sondern greift auf Freiberufler zurück oder schickt Journalisten, wenn etwas geschieht. In die Krisenregionen in Asien habe man derzeit niemanden reinbekommen, berichtet ein Redaktionsmitglied von N24. Jetzt greift der Sender auf Agenturmaterial zurück. „Für einen Nachrichtensender total peinlich!“, so der Journalist.


Im Würgegriff der Sparmaßnahmen
Sparmaßnahmen, neue Arbeitsweisen und nicht zuletzt ein verändertes Rezipientenverhalten bedingen die Krise in der Auslandsberichterstattung. „Wir haben eine Informationsvermeidung beim Publikum“, sagt Thomas Leif, SWR-Chefreporter und 1. Vorsitzender der Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche“. Sendezeiten und -plätze für Auslandsmagazine seien gekürzt oder ungünstig verschoben worden.
Anfang April machten renommierte Auslandskorrespondenten des ZDF, darunter Alexander von Sobeck (Paris), Klaus Prömpers (Wien) und Ruprecht Eser (London) in der Programmzeitschrift „Gong“ ihrem Ärger Luft und kritisierten, dass Außenpolitik „nur noch selten prime-time-fähig“ sei. Selbst einstige Aushängeschilder wie das „Auslandsjournal“ seien im ZDF nur noch im Randprogramm zu finden. Auslandsberichterstattung verkomme zu einem Ghetto der Nichtbeachtung.
Die Programmverantwortlichen sehen das ganz anders. Elmar Theveßen, stellvertretender Chefredakteur des ZDF, führt zunehmenden Quotendruck als Grund an. „Wir machen ein qualitativ hochwertiges Programm.“ Auch sein Vorgesetzt der ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender hält dagegen: „Eine Auslandsberichterstattung, die nicht von vielen Zuschauern gesehen wird, verliert an öffentlich-rechtlichem Wert.“ Die Berichterstattung ändere sich. Der klassische Reisebericht des Korrespondenten sei nicht mehr gefragt.


Es kommt auf den Menschen hinter der Kamera an!
Und wie sieht erfolgreiche Auslandsberichterstattung aus? Das weiß der freie Fernsehjournalist Ashwin Raman, der für den SWR und die ARD preisgekrönte Filme aus dem Irak dreht. „Ich verwende immer eine Videokamera im Wert von 500 Euro, stelle sie auf Automatik und drehe drauf los. Entscheidend ist, wer hinter der Kamera steht“, sagt der Journalist. Also sind die Videoreporterinnen des NDR, die aus dem Erdbebengebiet in China und der Katastrophenregion Birma berichten, richtig ausgestattet. Ihre Arbeit wird in der Medienbranche hochgelobt – und immer wieder wird betont, dass es junge Frauen sind. Doch Alter und Geschlecht hilft nicht da, wo in den Heimatredaktionen Entscheider und Entscheiderinnen sitzen, die „inkompetent“ seien, sagt der Journalist Raman. Den Redakteuren fehle schlicht das Wissen über die Bedeutung eines Ereignis in den jeweiligen Ländern. Das hat auch der Kommunikationswissenschaftler und Afrikaexperte Lutz Mükke in seiner Dissertation untersucht. Die Entscheider in den Nachrichtenredaktionen seien oftmals nicht gut aufgeklärt – ordnen angebotene Themen oftmals als nicht sonderlich interessant oder relevant ein. Gerade für die im Ausland arbeitenden freien Journalisten ist das fatal – dann schaffen es viele ihrer Geschichten erst gar nicht in die Berichterstattung. Die freien Auslandskorrespondenten haben sich mit Welterporter.net eine Plattform und ein Netzwerk geschaffen, um auf sich, ihre Arbeit und die Lage der Auslandsberichterstattung hinzuweisen. Dennoch hilft das nicht dort, wo journalistische Freiheit eingeschränkt wird – oder Recherche fast unmöglich ist. Zum Beispiel in Afghanistan.
„Wir haben ein total verzerrtes Bild vom Ausland“, sagt auch Dirk Schulze. Er ist ehemaliger Hauptmann der Bundeswehr und Co-Autor des Buches „Endstation Kabul“. Darin beschreibt Schulze, wie Journalisten und Politiker bei ihren Besuchen der deutschen Truppen in Afghanistan geblendet würden. „Die bekommen ja nicht die Wahrheit zu sehen. Die Soldaten sind genau instruiert, was sie sagen sollen und wie sie auftreten sollen. Besuche mit Journalisten und Ministern finden dann auch nur in sicheren Regionen statt, in denen gerade eine Schule eröffnet wurde“, erzählt der ehemalige Zeitsoldat.


Ausland nix für BerufsanfängerInnen?
Aber es gibt auch positive Beispiele – jene Vollblut-Journalisten, die auf eigene Faust ein Land bereisen. „Diese Journalisten haben auch andere Geschichten aus Afghanistan mitgebracht“, sagt Schulze. TVJournalist Raman ist einer von ihnen – aber er plädiert für eine gute und gründliche Ausbildung. „Es ist nicht gut, wenn man für diese Jobs die jungen Berufseinsteiger verheizt. Es müssen Journalisten mit viel Berufserfahrung sein“, fordert der Krisenjournalist. Das fordert auch Elmar Theveßen. „Das ZDF hat viele solcher erfahrenen Journalisten“, sagt er. Und trotzdem hat der öffentlich-rechtliche Sender die RTL-Auslandskorrespondentin Antonia Rados eingekauft. Wieder eine Frau, eine sehr bekannte, ein Star. Antonia Rados ist auch wegen ihres Geschlechts eine Journalistin von Rang und Namen – eine Frau in einer gefährlichen Männerdomäne. Und jetzt bei den öffentlich-rechtlichen. Weil sie bekannt ist und Quote bringt, glauben viele Branchenkenner. „Weil sie eine exzellte Journalistin ist“, sagt die ZDF-Chefredaktion.
Am Ende wird es aber nicht nur auf exzellente Journalisten ankommen, sondern auch auf ein Publikum, das sich für Auslandsberichte interessiert. Dieses Publikum liest Tageszeitungen und schaut vor allem die dritten Programme im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Journalist Thomas Leif ist sich sicher: „Die Zuschauer und Lesen müssen Qualität einfordern.“ Die ist unabhängig vom Geschlecht. Trotzdem könnten die Frauen auf Dauer die Nase vorn haben und den Auslandsjournalismus neu beleben. Warum? Weil unter den jungen Journalistinnen einfach viele extrem gute sind.

Höchste Zeit


VON ISABEL ROHNER

DIE ZEIT gibts diesen Sommer auch für Kinder.
Ihr Name: KINDER-ZEIT. Zur Familienlektüre will DIE ZEIT dadurch werden, offen und interessant für alle. Für alle?
Ein wunderbarer LeserInnenbrief vom 26. Juni 2008, der mir den heutigen Tag versüßt hat:

"Dass es jetzt eine KINDER-ZEIT gibt, find ich toll. Aber ich bin kein Leser, und ich will mich auch nicht als Leser anreden lassen. Ich bin ein Mädchen und daher eine Leserin, und wenn ihr das nicht checkt, dann werde ich die KINDER-ZEIT auch nicht lesen."
Julia aus Wien

Donnerstag, 10. Juli 2008

Lesben in Medien unterrepräsentiert

Das offizelle Logo zur Kampgane
Foto: L-mag


VON BRITTA ERLEMANN

Hurra! Es wird fünf! Nein, kein kleines Mädchen ist hier gemeint, sondern das L-mag. Deutschlands derzeit einzigstes bundesweites Magazin für Lesben. Eine fast hundertjährige Tradition lesbischer Zeitschriften fortsetzend, gibt es das Hochglanz-Heft im A4-Format seit geraumer Zeit im Zeitschriftenhandel. Mit einer Mischung aus Politik und Gesellschaft, Kultur, Sport, Szene und Stars, Liebe und Erotik deckt es unterhaltsam bis kritisch und manchmal auch etwas unkritisch lesbische Themen ab. Zum Fünfjährigen startet L-mag die Kampagne „Deutschland wird lesbisch“ und sagt damit lesbischer Unsichtbarkeit und Bedeutungslosigkeit den Kampf an – zusammen mit den Leserinnen. (Mehr im Heft)

Ich bin eine davon. Dass L-mag in dieser Art allein auf weiter Flur ist, spricht für sich. Aber nicht nur in kompletter Zeitschriftengestalt, auch in den konventionellen bis linksalternativen Medien sind Lesbenthemen selten. Seltener als Lesben in der Gesellschaft. Hier die Erfahrung einer lesbischen Kollegin aus dem Journalistinnenbund, die unter anderem hin und wieder versucht, lesbische Themen an zu bieten: Lesbenthemen gehen sehr schwer finde ich, ich bekomme oft zu hören, die Redaktion hätte schon oft was dazu gemacht. Dann stellt sich heraus, dass das höchstens alle zwei Jahre passierte... Aber es nutzt nichts, darauf hinzuweisen, dass dieses oft sehr relativ ist. Die Selbstherrlichkeit der Redaktionen in diesem Punkt ist grenzenlos.

20 Jahre lesbische Journalistin

Dass sich Medien wie Öffentlichkeitsarbeit und deren Umfelder manchmal oder auch öfter mit lesbischer und schwuler Lebensweise ganz gehörig beißen, habe ich schon früh erfahren müssen:
In der Schülerzeitung unseres Gymnasiums hatten wir einen Artikel eines schwulen Schülers über das Schwulsein veröffentlicht. Die Folge: Der Direktor hielt meiner Mitredakteurin und mir eine Moralpredigt, der Artikel sei jugendgefährdend. „Toll“, dachte ich als Jung-Lesbe damals sarkastisch, „ich bin jugendgefährdend!“ Und er erklärte uns, sollten wir Homosexualität noch mal zum Thema machen, werde er die Zeitung verbieten. Zusammengestaucht und angstvoll, aber auch trotzig verließ ich damals das Rektorzimmer. Das war Ende der 80er Jahre.
Zehn Jahre später regt sich die Chefredaktion einer Zeitung, für die ich als Freie arbeite, auf, weil ich zwei Artikel über die örtliche Lesbenwoche verfasst habe. Einen Veranstaltungsüberblick und ein Porträt über eine polnische Kulturwissenschaftlerin, natürlich lesbisch und als Referentin hier zu Besuch. Beide Texte hatte ich in Absprache mit der Redaktionsleitung produziert. Über so etwas schreibe man in diesem Medium nicht, kommt mir aus der Chefetage zu Ohren. Prompt bekomme ich Angst um meine gerade im Haus laufende Bewerbung für ein Volontariat. Tatsächlich wurde sie dann von der Chefredaktion abgelehnt. Und als ich nachhakte, ob es wegen der Artikel über die Lesbenwoche gewesen sei, die seien abgesegnet gewesen, hieß es: „Das spielt überhaupt keine Rolle, ob die abgesegnet waren!“ Heiß überlief es mich als ich zum Abschied nach diesem Gespräch notgedrungen und widerwillig dem Chefredakteur die Hand gab. So fühlt es sich an, wenn man gedemütigt worden und machtlos ist. Was ich aus seiner Aussage schließe, mag sich die geneigte Leserin/der geneigte Leser denken. Meine freie Mitarbeit bei diesem Medium habe ich dann in Folge schrittweise aufgegeben.

Angekommen im neuen Jahrtausend

2002. Vorstellungsgespräch für eine Stelle in der Öffentlichkeitsarbeit in einem christlichen Krankenhaus. Ein Pfarrer, Leiter der Klinik, fragt mich, ob ich Lesbe sei (wahrscheinlich, weil in meinem Lebenslauf auch die „Krampfader-FrauenLesbenzeitschrift“ aufgelistet ist). Ich: „Ja, ich lebe so. Haben Sie damit ein Problem?“ Er: Nein, aber er wisse, dass das in seinem Umfeld durchaus auch anders gesehen werde. So werde auch die Homo-Ehe kontrovers diskutiert. „Aber nach dem christlichen Glauben soll doch jeder Mensch so angenommen werden, wie er ist, und also auch Lesben und Schwule“, entgegne ich. – Er gibt mir Recht. Mit gemischten Gefühlen gehe ich aus dem Gespräch: "Welche Hetera hätte dieser Pfarrer wohl jemals in einem Vorstellungsgespräch gefragt, ob sie Hetera ist?", denke ich verärgert. Und selbstbewusst-trotzig bis erleichtert: "Andererseits sind so die Karten auf dem Tisch. Wenn er mich deswegen nicht nimmt, bin ich in dem Krankenhaus verkehrt!" Angst habe ich auch - dass er mich nicht einstellt deswegen. Die Stelle bekomme ich schließlich nicht und auf mein Nachhaken keine klare Antwort. Immerhin wurde mir so klar, dass ich dort nicht gut aufgehoben gewesen wäre.
2008 Eine mir sehr nahe stehende (heterosexuelle) Person hat entdeckt, dass ich als Journalistin in einem lesbischen Online-Branchenbuch eingetragen bin. Klar nach zu lesen, wenn frau/man meinen Namen in die Google eingibt. Sie rät mir, meine Daten dort zu löschen. Das könne mich den einen oder anderen Job kosten. Klar! Das weiß ich. Nicht, dass ich keine Angst davor hätte. Aber ich habe das Versteckspiel und die in Schulzeiten so gut gelernte Rhetorik des Verschweigens satt. Und für homophobe ArbeitgeberInnen mag ich ohnehin nicht tätig werden. Den Stress möchte ich mir nämlich ersparen!
Was all diese Situationen eint? Das Gefühl, mit meinem Lesbischsein nicht wirklich erwünscht und sicher zu sein. Weder privat noch als Journalistin.

Kleiner Exkurs

Für all jene, die jetzt meinen: „Was müssen die Homos auch immer ihre Sexualität so vor sich hertragen. Das geht doch niemand was an, was die im Bett tun?!“, nur dies: Haben Sie am Arbeitsplatz schon mal Ihren Partner (natürlich anderen Geschlechts) erwähnt? Tragen Sie einen Ehering? Holt Sie Ihr Partner manchmal von der Arbeit ab? Haben Sie schon mal an der Arbeit gegenüber der guten Kollegin erzählt, dass sie gerade verliebt sind und von xy geschwärmt – oder Ihren Trennungsschmerz ausgedrückt? (Vom Küssen und Händchenhalten in der Öffentlichkeit ganz zu schweigen.) So offen und selbstverständlich möchte ich mit meiner Lebensweise auch umgehen dürfen, und zwar gefahrlos!

Out mit L-mag

Einstweilen erlaube ich mir, in aller Öffentlichkeit L-mag zu lesen, wie neulich im Zug. Was die Dame gegenüber sich gedacht hat – so sie denn einen Blick auf die aufgeschlagene Zeitschrift geworfen hat – weiß ich nicht. Aber eines ist mir klar: Ich oute mich bereits, wenn ich unter den Augen eines Publikums dieses Magazin auch nur lese. Ich bin also damit als Lesbe sichtbar, ganz wie sich die L-mag-Kampagne das wünscht. Und dieses Medium trägt ganz sicher auch dazu bei.

Frauenverachtende Witze in BRAVO GIRL

Manche Witze sind echt fürs Klo
FOTO: FLICKR

VON ISABEL ROHNER

Worum gehts?
Am 28.11.2007 erschienen in der BRAVO GIRL unter dem Titel "Darüber lachen Jungs" gleich mehrere hochgradig sexistische und frauenverachtende Witze. Die 10- bis 16-jährigen Leserinnen der BRAVO GIRL sollten diese Witze ihren Klassenkameraden erzählen und damit zeigen, wie cool sie sind. Ein Beispiel:

Sagt ein Mann zu seinem Freund: “Ich habe meiner Frau eine Gasmaske zum Geburtstag geschenkt.” Freund: “Eine Gasmaske?”- “Ja, erstens sieht sie damit besser aus und wenn ich den Stöpsel zuhalte, dann zappelt sie so schön beim Sex.”“

Auf die zahlreichen Proteste (u.a. der JB) gegen diese Veröffentlichung antwortete die BRAVO GIRL Redaktion: „Die heutige Generation von Mädchen und jungen Frauen ist emanzipiert und lebensfroh genug, auch über Witze mit erotischem Inhalt zu lachen.“
Die Frauenberatungsstelle Düsseldorf hat sich beim Deutschen Presserat gegen BRAVO GIRL beschwert. Doch diese Beschwerde wurde nun abgelehnt - und damit nicht genug: In seiner Begründung schließt sich der Presserat der Argumentationslogik der BRAVO GIRL an: „Gerade die jüngere Generation von Frauen und Mädchen ist (…) in ihrer Haltung den Geschlechterrollen gegenüber sehr viel emanzipierter und souveräner als noch die Geschlechter davor.“

Übersetzt heißt das: Weil sich die gesellschaftliche und rechtliche Situation von Mädchen und Frauen im Vergleich zu früher verbessert hat, müssen sie auch mit sexistischen Witzen umgehen können. Ob der Presserat sich eine solche Argumentation leisten könnte, wenn die Witz-Protagonistin keine Frau, sondern ein (männlicher) Jude oder Farbiger wäre?

Weitere Infos zu diesem Fall:
Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenarbeit in NRW e.V.

P.S.: Noch im Oktober hatte die BRAVO Girl eine Kampagne mit dem Titel: „Respect the Girls“ veranstaltet. „Bei ”Respect the Girls!” geht es um direkte Beratung und Lebenshilfe für Mädchen und junge Frauen in Sachen Freundschaft, Liebe und Sexualität – um respektvollen und selbstbestimmten Umgang mit sich selbst und dem eigenen Körper.“

Mittwoch, 9. Juli 2008

"Her ideas are very small"

von Judith Rauch

Habe einen erschütternden Bericht in der New York Times gelesen. Es geht um weibliche Selbstmord-Attentäterinnen im Irak: Es heißt, sie tun es aus Verzweiflung, was wahrscheinlich stimmt. Aber es ist doch traurig, Folgendes zu lesen: In Diyala’s countryside, most women cannot imagine the world beyond the date palms they see on the horizon. It might be an hourlong walk to the next village, there are no telephones, and cellphones often do not work. Most of the women cannot read. “Most of the women who have killed themselves are from the villages,” said Maj. Gen. Abdul Karim al-Rubaie, the head of the Iraqi Army operations center in Diyala. “She is living a very traditional life. She has no rights.” “For that reason,” he added, “her ideas are very small.” Gibt es eine sinnlosere Art, sein Leben zu opfern und noch ein paar andere in den Tod zu reißen? Wenn Männer es tun, wird ihnen immerhin zugebilligt, es für die Religion oder die Befreiung ihres Landes zu tun. Über diese Frauen sagen die eigenen Leute, sie seien zu dumm, um Heldinnen zu sein.

Sonntag, 6. Juli 2008

Den inneren Überzeugungen folgen

VON BRITTA ERLEMANN

Als ich einer Freundin von Malwida von Meysenbugs Roman "Florence" erzählte, und dass es weh tue, ihn zu lesen, fragte sie mich, ob ich mich mit der Protagonistin identifiziere. - Muss es nicht weh tun, einfühlend lesend mitzuerleben, wie eine junge Frau durch Erziehung so in ihrem Wesen beschnitten wird - wie ein Baum, der seine Äste dem Licht entgegenstreckt und immer wieder zurechtgestutzt wird? Denn die Hauptfigur Florence, die versucht, ihren inneren Überzeugungen, ihrem eigenen Wahrheits- und Gerechtigkeitsempfinden zu folgen, wird von der Elterngeneration ein ums andere Mal zurechtgewiesen. So erklärt etwa die Mutter ihr an einer Stelle, ein junges Mädchen müsse keinen eigenen Charakter haben. Verwirrungen bei der Protagonistin bleiben nicht aus. Das Ganze gipfelt in einer Art symbolischem Mord der Tochter durch den Vater.

In dem 1860 abgeschlossenen Bildungs- und Entwicklungsroman übt die Autorin Gesellschaftskritik, indem sie die bestehenden Beziehungen von Geschlechtern, Ständen, insbesondere der Eltern zu ihrer Tochter Florence und die Folgen mit scharfem Verstand zeichnet. "Trotz des englischen Milieus waren alle in diesem Roman aufgeworfenen Fragen auf deutsche Verhältnisse übertragbar und sind noch jetzt aktuell", heißt es auf den Internetseiten der Kasseler Malwida von Meysenbug-Gesellschaft. - Die Ausprägungen der behandelten Probleme sind sicherlich heute subtiler geworden, haben aber im Wesentlichen tatsächlich nach wie vor Relevanz.

Malwida von Meysenbug (1816-1903), geboren in Kassel, gestorben in Rom, ist vor allem durch ihre Autobiografie "Memoiren einer Idealistin" bekannt geworden. Sie gehört zu den Frauen, die sich durch Wort und Tat am demokratischen Aufbruch von 1848 beteiligten und sich für die Frauen in der Gesellschaft einsetzten. Sie wurde von der politischen Polizei überwacht und setzte sich deshalb nach England ab. Dort schlug sie sich in den Jahren 1852-62 als Privatlehrerin, Erzieherin und Übersetzerin durch, schrieb aber auch politische und kulturpolitische Beiträge für deutsche Blätter. Ihr im Nachlass als handschriftliches Manuskript überlieferter Roman "Florence" ist jetzt erstmals veröffentlicht worden.

Malwida von Meysenburg "Florence - Roman aus dem viktorianischen England", Herausgegeben von Ruth Stummann-Bowert im Auftrag der Malwida von Meysenbug-Gesellschaft, Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, 104 Seiten, 16.80 Euro.
Der Roman ist zu beziehen über:
http://www.meysenbug.de/

Networking als Erfolgsstrategie für Frauen

Ich möchte Euch an meiner Erfahrung als Dozentin von Networking-Kursen teilhaben lassen. Es ist interessant, dass für viele Frauen Netzwerken noch nicht zum Alltag gehört. Was für Journalistinnen normal ist - nämlich querbeet jede Menge Kontakte aus dem Privat- und Berufsleben zu pflegen, sie zu verknüpfen und davon zu profitieren - könnte jeder Arbeitnehmerin in ihrem (beruflichen) Alltag nützen. Aber sehr viele Frauen haben erstens keine Networking-Strategie, pflegen zweitens ein Einzelkämpferinnentum und trennen drittens noch immer gerne Beruf von Privatem. Das ist sicher nicht ganz falsch. Wer seine Kontakte nur noch funktionalisiert, hat sicher bald keine FreundInnen mehr. Darum geht es auch gar nicht.

Ein Beispiel: Ich sollte ein Interview mit einem Vertreter einer bestimmten Berufsgruppe machen. Leise Zweifel schlichen sich bei mir ein. Ist der Mann vielleicht ein Schaumschläger, trägt sein Thema überhaupt eine Story, will der mich im Interview über den Tisch ziehen? So habe ich, bevor ich ihn kontaktierte, zunächst einen guten Bekannten aus der selben Branche gefragt, ob er ihn kenne und wie er ihn einschätze. Mein Freund gab Entwarnung. Der Interviewpartner entpuppte sich im Gespräch als angenehmer Mensch mit einer passablen Mission. Mit dieser Aktion habe ich weder meinen Freund funktionalisiert, noch meinem Gesprächspartner geschadet. Ich selbst war gewappnet und konnte das Interview locker führen. Networking pur.

Außerdem wissen wir doch längst, dass Stellen innerhalb von Unternehmen nicht (nur) nach Qualifikation (dann wären alle Frauen längst Chefinnen) vergeben werden, sondern zu einem hohen prozentualen Anteil aufgrund von Kontakten und Beziehungen. Aktuelle Zahlen habe ich heute einer dpa-Grafik entnommen: Von 100 Unternehmen suchen 40 ihre MitarbeiterInnen in den eigenen Reihen und durch persönliche Kontakte. 69 Prozent der befragten Unternehmen sind mit dieser Praxis erfolgreich. 45 von 100 befragten Unternehmen schreiben ihre Stellen extern in Printmedien aus. 55 Prozent sind damit erfolgreich.

Die meisten Männer wissen es außerdem schon lange: Eigenlob stimmt. Zum Beispiel bei Stellen- und Gehaltsverhandlungen (siehe oben). Sie machen rechtzeitig selbst auf ihre Fähigkeiten aufmerksam bzw. lassen sich von guten Kontakten empfehlen! Frauen halten sich immer noch viel zu oft vornehm zurück - und warten darauf, dass der Chef ihre Qualifikation irgendwann doch erkennen MUSS. Leider meistens ein Trugschluss. Was sich in der verzweifelten Frage niederschlägt: "Warum ziehen immer die Kollegen an mir vorbei und bekommen die bessere Stelle bzw. mehr Gehalt? Dabei bin ich doch viel fleißiger."

Wenn sich die Teilnehmerinnen in meinen Kursen klarmachen, dass sie ein gutes UnterstützerInnen-Netwerk brauchen, wird ihnen meist schnell klar, dass gezieltes Networking tatsächlich eine erfolgreiche Strategie für das berufliche und private Weiterkommen von Frauen sein kann. Das wiederum erhöht es die Arbeitszufriedenheit!

Samstag, 5. Juli 2008

Wenn Frauen zu viel arbeiten

von Judith Rauch

Eigentlich wollte ich als Erstes etwas Watch-gemäßes posten (ja, ja über die Frage: Muss man "Feuchtgebiete" lesen?). Jetzt doch nicht. Der Grund: Ich bin überlastet. Und schuld ist mein Verein, der Journalistinnenbund. Er hält mich immer am Arbeiten. Gestern zum Beispiel kursierte eine merkwürdige Spam-Mail im JB-Forum, unserer Mailingliste. Da bin ich dummerweise die Adress-Administratorin, sprich: das Mädchen für alles. Ich musste mich also um den Spam kümmern und die Frage: Wie kam er da rein? Gleichzeitig ermahnte mich Marlies Hesse, unsere Geschäftsführerin, doch endlich in diesen unseren Blog, den Watch-Salon, einzusteigen (was ich hiermit tue). Dazu musste ich erst mal die zahlreichen Anleitungen lesen, die über die Bloggerinnen-Mailingliste gelaufen waren - Anleitungen, durchsetzt mit vielen Klagen über zu viel Arbeit! Tja, warum soll es den Kolleginnen besser gehen als mir? Da fällt mir ein: Die Budget-Abrechnung für meine Regionalgruppe müsste ich auch noch machen. Und unsere Schatzmeisterin hat etwas für den Rundbrief geschrieben, was ich Korrektur lesen sollte ... Kurz gesagt: Selbst wenn ich "Feuchtgebiete" lesen wollte, ich käme nicht dazu.

Hedwig Dohm: Literatin, Publizistin und Frauenrechtlerin

VON TINA STADLMAYER 

„Literarische Strategien Hedwig Dohms“ – trotz des sperrigen Titels ist das Buch von Hedwig-Dohm-Expertin Gundula Thors interessant und kurzweilig. „In meinen Geschichten schrak ich vor nichts zurück“ lautet die Unterzeile, der 1999 vollendeten und 2008 als Buch veröffentlichten Magisterarbeit. Mit diesem Zitat weist die Autorin auf das Anliegen Hedwig Dohms hin, den Frauen der Wilhelminischen Epoche die Scheu vor dem Lesen zu nehmen. 

Thors zeigt auf, welche Methoden und Tricks die Schriftstellerin anwandte, um ihre Leserinnen zu fesseln und ihre Gesellschaftskritik an die Frau zu bringen. Am literarischen Gesamtwerk belegt sie ihre These, dass Hedwig Dohm bei der Gestaltung ihrer Romane und Novellen Form und Stil bewusst bestimmte – dass sie also nicht, wie ihre KritikerInnen häufig meinten, geschrieben habe, wie es ihr gerade aus der Feder floss. Damit zeigt Thors die häufig unterschätzte literarische Qualität der Werke auf. 

Gundula Thors: Literarische Strategien Hedwig Dohms. In meinen Geschichten schrak ich vor nichts zurück. trafo Wissenschaftsverlag, Berlin, 2008

Donnerstag, 3. Juli 2008

Vergebliche Fotosuche im "journalist"

von Marlies Hesse

Susanne Krieg (JB-Nachwuchspreis 2008) und Miriam Opresnik (JB-Auszeichnung)


Die vielen JournalistInnenpreise, die jährlich vergeben werden - egal, ob für Hörfunk-, Fernseh- oder Printbeiträge - erschweren es natürlich, in den einschlägigen Medienmagazinen immer alle GewinnerInnen namentlich zu nennen. Hätte der DJV für die soeben erschienene Ausgabe "journalist" nicht eilig Porträt-Fotos von den diesjährigen JB-Nachwuchspreisträgerinnen angefordert, wären die Erwartungen nicht so hoch gewesen, sie unter den "Geehrten" auch abgebildet zu sehen. 

Doch weit gefehlt. Nicht einmal eine Meldung zur Preisverleihung war innerhalb der neuerdings bilderreichen Rubrik zu lesen. Vielleicht wird sie ja noch nachgeholt, zumal die jungen Journalistinnen zwischenzeitlich noch weitere Preise für ihre zuvor vom Journalistinnenbund ausgezeichneten Beiträge in GEO und im Hamburger Abendblatt erhielten. Immerhin erschien der Redaktion die Verleihung der Hedwig-Dohm-Urkunde an Heike Mundzeck für ihr Lebenswerk erwähnenswert. Schade nur, dass auch in diesem Fall auf ein ergänzendes Foto der bekannten Rundfunk-und Fernsehautorin verzichtet wurde.

Viva España!



VON ISABEL ROHNER

Die Europameisterschaft 2008 ist Geschichte. Gewonnen im Kampf der Nationen hat die beste. Oder besser: Die Nation des Besten. Des besten Regierungschefs Europas.
"Ich bin Feminist", hatte der Sozialdemokrat José Luis Zapatero schon nach seiner Ernennung 2004 bekannt. Und es blieb nicht nur bei leeren Worten: Inzwischen ist mehr als die Hälfte seiner MinisterInnen-Riege weiblich, neun von insgesamt 17: Mercedes Cabrera (Soziales), Carme Chacón (Verteidigung), Maria Teresa Fernández de la Vega (Vizepräsidentin), Elena Salgado (Verwaltung), María Elena Espinosa Mangana (Landwirtschaft), Cristina Narbona Ruiz (Umwelt), Bibiana Aido (Gleichstellung), Cristina Garmendia (Forschung und Entwicklung) und Beatriz Corredor (Wohnungsbau). Im nationalen Parlament sind inzwischen mehr als ein Drittel der Abgeordneten Frauen. Auf allen Wahllisten müssen Frauen in Spanien bereits jetzt wenigstens 40 Prozent ausmachen, dieselbe Quote gilt für die Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen. Die Gleichheit von Männern und Frauen, das ist Zapateros erklärtes Ziel: Gleicher Lohn, gleiche Aufstiegschancen, gleiche Anerkennung, gleiche Macht.
Viva la naçion zapatera!
Spanien ist zurecht Europameisterin geworden.

Mittwoch, 2. Juli 2008

Karrierechanchen und Karrierestrategien - über Frauen im Journalismus



VON ISABEL ROHNER


Wo will ich hin? Wie will ich leben und arbeiten? Für junge Journalistinnen alltägliche Fragen. In ihrer Diplomarbeit über Karrierechancen und Karrierestrategien im Journalismus versucht Tina Groll darauf Antworten zu finden. Denn es ist offensichtlich: Die Zukunft ist weiblich, nicht nur grammatikalisch. Der Frauenanteil im Journalismus hat in den vergangenen Jahren zugenommen - und wird auch weiter ansteigen.
In ihrer lesenswerten Studie über Ursachen, Wirkungen und Veränderungen der ungleichen Machtverteilung zwischen den Geschlechtern im Journalismus schildert Groll dabei nicht nur die Ergebnisse spannender Expertinneninterviews (u.a. mit Marlies Hesse) und fasst die zentralen Berufsfeldstudien zusammen - sie skizziert auch eine Erfolgsstrategie.
Und das Thema "Karrierestrategien für Journalistinnen" beschäftigt die junge Bremerin auch weiterhin.
Tina Groll: Beruf Journalistin: Von kalkulierten Karrieren und behinderten Berufsverläufen. Saarbrücken: Vdm Verlag Dr. Müller 2008. 59 Euro.
Weitere Infos unter: www.tinagroll.de