Dienstag, 27. Mai 2014

"Wir sollten viel radikaler sein." Teresa Bücker will mehr Frauen für die Arbeit im Netz begeistern


Teresa Bücker, Workshop zur Fachtagung des Journalistinnnenbundes in Köln. Foto: Julia Hiltscher


Über nächtliche Diskussionen am Küchentisch fand Teresa Bücker zum Bloggen und erkannte sehr schnell den Wahrheitsgehalt des Spruches "Das Private ist politisch." Nach einem rasanten Aufstieg als social-media-Redakteurin beim "Freitag" ("ich war früh dran, es gab wenig Online-Affine") und strategischer Beraterin bei der SPD ("ich habe Gabriel und Schwesig das Twittern beigebracht") hat sich die 30jährige zweitens eine neue Frisur zugelegt und erstens den festen Job gekündigt. "Ich möchte unabhängig und politisch frei weiterarbeiten".


"Die Arbeit im Netz hat mich zur Feministin gemacht", erklärt Teresa Bücker beim Workshop "Wie Frauen den Werkzeugkasten des Webs feministisch nutzen" bei der Fachtagung des Journalistinnenbundes am Wochenende in Köln. Sie sei in einem feminismusfreien Umfeld aufgewachsen und anfangs sogar gegen die Quote gewesen. Als Feministin aber habe man einen sehr genauen Blick auf die Gesellschaft und deshalb sei es ihr wichtig, möglichst viele Frauen zum Bloggen und Twittern zu gewinnen.

"Es geht mir alles viel zu langsam. Wir sollten viel radikaler sein, um gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen"

Den technischen Einstieg in ein eigenes Blog oder einen Twitter-Account streift Teresa Bücker nur (hier ihre Twitterliste interessanter Frauen *). Sie empfiehlt Tumblr, Wordpress und Blogspot, die mit vorgegebenen Baustein-Seiten das Bloggen wirklich einfach machen. "Eine sehr gute Hilfe bei allen Fragen bietet auch Youtube, diese Plattform wird als Weiterbildungsinstrument bei uns noch völlig unterschätzt." Wichtig sei, eigene Themen zu setzen, nicht immer Gleichstellung, sondern wichtige Zeitfragen aufzugreifen, mit denen man auch eine Nische besetzen könne. Bücker bewundert etwa das das Blog Kaiserinnenreich, in dem eine Mutter über das Leben mit einem behinderten Kind schreibt, oder auch Ronja von Wurmb-Seibel, die aus Afghanistan berichtet und inzwischen sogar Geld damit verdient. Wer immer noch zögerlich sei, seine Meinung nach außen zu tragen, könne sich ja mal mit Culture Jamming oder Arbeitskultur beschäftigen oder sich von den  feministischen Texten der Sängerin Beyoncé anstecken lassen.

Die Netzaktivistin, die vor allem die Schnelligkeit und damit den Wissensvorsprung von und über Twitter schätzt, betont: "Ganz wichtig für den eigenen Auftritt im Netz ist Unabhängigkeit im Denken und Handeln. Die Politikwissenschaftlerin Antje Schrupp hat dafür das schöne Bild der königinnenhaften Souveränität gefunden, die keiner Mehrheitsmeinung verpflichtet ist":

"Souveränität, Königinnentum also, bedeutet, dass eine Frau, der – aus welchen Gründen auch immer, ob selbst erarbeitet oder aufgrund günstiger Gelegenheit – Macht und Einfluss zufallen, dies dann konsequent und verantwortungsbewusst und in Freiheit nutzt. Also nicht einfach nur die herkömmliche Nummer abzieht und versucht, möglichst „genauso gut“ zu regieren wie ein Mann, sondern so, wie sie es selbst für richtig hält. Souverän eben."

* Eine Anleitung mit zehn Bückerschen Twitter-Tipps für Anfängerinnen gibt es hier.

Mehr zu Teresa Bücker siehe auch "Mitmischen beim Netzfeminismus" 

3 Kommentare

  1. Die Tipps sind hübsch, haben meiner Ansicht aber wenig mit Feminismus zu tun, sondern mit Social Media. Ich finde, wenn man über Feminismus redet, sollte man über Privat und Öffentlich und die Männern und Frauen hierfür zugewiesene Rolle nicht schweigen. Die Zuweisung der Frau in das Private macht es - neben dem Abwerten des weiblich konnotierten "Wehklagens" - für Frauen schwerer, sich im Netz, der Agora, zu äußern. Darauf sollte man Frauen vorbereiten.

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  2. Wenn Frauen mitmachen wollen bei Twitter oder Facebook, oder ihren eigenen Blog betreiben wollen, so sind ALLE Tipps erst einmal nützlich, ohne Blick auf feministische Inhalte. Es will ja auch nicht jede Frau feministisch im Netz unterwegs sein. Es gibt schließlich noch eine Menge anderer spannender Themen, die wir nicht allein den Männern überlassen sollten.

    Erst sollte frau auch das Medium beherrschen, bevor sie sich mit feministischen Inhalten exponiert, denn sie geht auf jeden Fall das Risiko ein, sexistischen Angriffen standhalten zu müssen. Wohlgemerkt: es ist nur ein Risiko, keine Garantie, dass sie solche Angriffe erlebt. Aber wenn sie kommen, dann sollte frau damit umgehen können.

    Bei all dem sollte aber nicht vergessen werden, dass es nicht nur eine Pflicht-Übung sein muss, sich mit Social Media zu beschäftigen, sondern dass es auch sehr viel Spaß machen kann und eine Menge an Erkenntnisgewinn bringt. Dafür lohnt es, sich schlau zu machen, einiges auszuprobieren und schließlich selbst etwas zu wagen.

    Neben all den Bedenken sollten wir einander vor allem Mut machen: Das Wasser ist viel weniger kalt als wir glauben, wenn wir uns gekonnt schwimmend darin bewegen anstatt uns verzagt treiben zu lassen.

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  3. Wer es noch nicht mitbekommen hat: Teresa Bücker arbeitet jetzt für Edition F, eine Website für Frauen, Businesss, Lifestyle. Klingt ein bisschen nach Cosmopolitan online. Ob das funktioniert? Und ob sich alle erst mal registrieren lassen wollen? Hoffen wir mal, dass Teresa Bücker das dreht.
    Bückers neuer Job


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