Dienstag, 1. Oktober 2013

Angela Merkel: Mutti oder Schwarze Witwe?

Westliche Schwarze Witwe. Foto: CC BY-SA 2.5 Matthew Field

von Judith Rauch

An Tagen wie diesen, also am Wahlabend, als die Kanzlerin tanzte und ihr Fraktionschef Volker Kauder sang, war die Welt noch in Ordnung. Da war Angela Merkel noch Mutti, die alles richten wird. Doch schon wenige Stunden später machte das böse Wort von der "Schwarzen Witwe" die Runde - jenes gar nicht hässlichen Spinnentiers, das seine kleineren Partner nach dem Paarungsakt tötet und aussaugt. Nicht nur Jan Fleischhauer vom Spiegel spricht von Dämonisierung, auch im JB-Forum fragen sich inzwischen etliche Kolleginnen, ob der Tiervergleich nicht mindestens ebenso sexistisch ist wie das betuliche Mutti-Wort.


Gibt man bei Google "Merkel Schwarze Witwe" ein, wird man feststellen, das der Vergleich schon länger in der Welt ist. Im Sommer 2010 wurde er von FDP-Kreisen herangezogen, um die Verluste der Liberalen in den Ländern zu erklären. "Schwarze Witwe auf Brautschau" titelte ein Jahr später, also im Juni 2011, der Blogger Jacob Jung vorausschauend: "Das System Merkel bereitet die Demontage der Grünen vor."

Natürlich ist das Dämonisierung, natürlich ist das Sexismus. Und doch hat das Theater, das sich gerade vor unser aller Augen abspielt - das Werben der mächtigsten Frau Deutschlands und womöglich der Welt um einen Koalitionspartner - den Charakter einer Balz. Da kann man gar nicht anders, da muss man hinschauen.

Nonverbales Flirtverhalten

Wenden wir also einmal unseren Blick ab von der Braut und schauen wir auf einen der möglichen Bräutigame. Reden wir über Jürgen Trittin. Schon bei der Berliner Runde am Wahlabend fiel er durch nonverbales Flirtverhalten auf, so dass der "Gesichterleser" Dirk W. Eilert auf RBB Radio Eins fasziniert zu dem Fazit kam: "insgesamt deutliche Zeichen, dass er kooperieren möchte".

Ob aus dem schwarz-grünen Pärchen, das sich da so gut verstand, allerdings ein Koalitionspaar werden wird? Danach sieht es im Moment nicht aus. Nicht nur wurde Trittin schon am Dienstag nach der Wahl von der eigenen Partei zum Rücktritt gedrängt. Er wurde auch von Geschlechtsgenossen böse geschmäht: Lorenz Maroldt vom Tagesspiegel lästerte darüber, "wie der die Merkel anschmachtet, wie so ein brünftiger Verehrer, der Panik hat, dass er sonst gar keine mehr abkriegt". Es folgen dann noch ein paar unfreundliche Sätze über den Mann im Rentenalter, der auf nichts anderes mehr lauere als auf einen Ministerposten von Merkels Gnaden.

Sexistisch ist das auch irgendwie. Aber es nimmt der Dämonisierung der Spinne die Spitze, wenn ihr die Opfer so willig ins Netz gehen.

Übrigens: Dass Schwarze Witwen ihre Gatten auffressen, komme zwar vor, vermeldet Wikipedia, sei aber "nicht der Regelfall".

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